Profil:Bill Belichick

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Der Footballcoach bricht alle Rekorde. Und Trump feiert ihn als echten Patrioten.

Von Jürgen Schmieder

(Foto: AP)

Bill Belichick, 66, ist außerhalb Neuenglands nicht sonderlich beliebt in den USA, genauso wie die von ihm trainierte Footballmannschaft, die New England Patriots. Und er hat auch am Sonntag beim Super Bowl, einem der größten Sportereignisse der Welt, wenig getan, um Herzen zu erobern. Seine Mannschaft bot kein Spektakel, keine Charmeoffensive im Finale um die US-Meisterschaft. Sie feierte einen hässlichen, aber sportlich umso wertvolleren Sieg gegen die von Sturm und Drang beseelten Los Angeles Rams. Die alten Patriots, eine Art FC Bayern des American Football und Lieblingsteam von Präsident Donald Trump, haben die Siegertrophäe zum sechsten Mal gewonnen. Die grimmige Botschaft, die Belichick nachher zu verkünden hatte, seine Enkelin Blakely auf dem Arm: "Wir sind immer noch da!" Er verzog keine Miene dabei.

Viele glauben, dass Belichick noch nicht einmal einen Keller besitzt, in den er zum Lachen gehen könnte. Sie sehen ihn als muffeligen Bösewicht, in der Popkultur vergleichbar mit Darth Vader aus "Star Wars" oder Baron de Lefuet aus "Timm Thaler". Aber ist er wirklich humorlos? Er analysiert Situationen, und dann teilt er ungefiltert mit, was er davon hält. Wenn er etwas lustig findet, dann klopft er sich nicht lachend auf die Schenkel, sondern sagt, dass er das lustig findet. Und manchmal zieht er sogar einen Mundwinkel um einen Millimeter nach oben.

Bill Belichick kam im US-Bundesstaat Tennessee zur Welt, sein Vater Steve war Footballprofi bei den Detroit Lions. Er spielte als Jugendlicher lieber Lacrosse als Football und schloss sein Studium an der Wesleyan University in Connecticut mit einem Diplom in Volkswirtschaft ab. Er war nie Profisportler, fing erst mit 23 Jahren für ein Gehalt von 100 Dollar im Monat als Assistenztrainer bei den Baltimore Colts an. Er zeigte immensen Eifer, eiserne Disziplin und Liebe zum Detail, so kam er zu den New York Giants. Dort gewann er als Leiter der Defensive zwei Meisterschaften, 1986 und 1990.

Nach einer erfolglosen Zeit als Cheftrainer bei den Cleveland Browns und einem Ein-Tages-Fiasko bei den New York Jets - er kündigte, indem er auf eine Serviette kritzelte: "Ich trete als Trainer der NYJ zurück" - wurde er im Jahr 2000 als Chefcoach der Patriots vorgestellt. Dort begründete er eine der erfolgreichsten Dynastien in der Geschichte dieser Sportart.

Bill Belichick ist für den kompletten sportlichen Bereich verantwortlich, er führt die Mannschaft mit militärischer Disziplin. Typische Belichick-Spieler sind: Unverstandene, Unerfüllte, Unbewiesene. Zu denen zählt Spielmacher Tom Brady, 41, der zwar mittlerweile ein Weltstar ist, nach wie vor aber ein braver Schüler von Belichick. Für den Coach zählt nur der Erfolg, und der Zweck heiligt die Mittel. Weil er Gegner auf unerlaubte Weise ausspionierte, verursachte Belichick vor zwölf Jahren einen Skandal, der im US-Sport bis heute als "Spygate" bekannt ist. Er gilt als wandelndes Regelwerk-Lexikon, und wenn Kritiker motzen, dass die Patriots von den Schiedsrichtern bevorzugt würden, sollten sie erkennen, dass dieser Coach von seiner peniblen Vorbereitung profitiert.

Präsident Donald Trump hat zu erkennen gegeben, dass er große Stücke auf Belichick und sein Team hält - es ist wohl ein Versuch, die "Patrioten" politisch zu vereinnahmen. Trump hat schwarze Footballprofis, die aus Protest gegen Polizeigewalt in den USA bei der Nationalhymne niederknieten, als "Hurensöhne" beschimpft. Belichick lässt nicht erkennen, ob er die Zuneigung von Trump erwidert. Worauf es ihm ankommt: das Ergebnis.

Am Sonntag holte Bill Belichick seinen sechsten Titel als Cheftrainer, so viele hat kein anderer gewonnen. Als seine Spieler ihm bei den Feierlichkeiten nach dem Spiel die obligatorische Brause über den Kopf schütteten, da passierte Ungeheuerliches: Er lachte. Wenn man genauer hinsah, hatte man sogar den Eindruck: Bill Belichick strahlte.

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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