Profil:Basmah bint Saud

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(Foto: imago)

Die saudische Prinzessin hat Mut - und sitzt nun hinter Gittern.

Von Dunja Ramadan

Basmah bint Saud rang nach Worten, als es um ihren mächtigen Cousin ging, den Kronprinzen Saudi-Arabiens, Mohammed bin Salman. Damals, vor zwei Jahren, saß sie einer Moderatorin des arabischen BBC-Kanals gegenüber. Sie sprach von sich als Beobachterin der politischen Geschehnisse im Land, als Verfechterin der Diplomatie, warb für besonnenes statt überstürztes Handeln - und kritisierte damit den Regierungsstil des MbS genannten Thronfolgers, der für seine rücksichtslose Machtpolitik berüchtigt ist. Als die Moderation sie danach fragte, ob es im Königshaus Widerstand gegen Mohammed bin Salman gebe, sagte sie, es gebe "andere Sichtweisen", die "ebenfalls einen Platz für sich beanspruchen". All jene, die der Vision 2030 des De-facto-Herrschers nicht zustimmen, würden isoliert.

Mittlerweile scheint die 56-Jährige, wie einige andere Menschenrechtsaktivistinnen, nicht nur isoliert, sondern inhaftiert zu sein. Seit Monaten rätselt man im Königreich, wo die jüngste Tochter des 1969 verstorbenen Königs, Saud ibn Abd al-Aziz, geblieben ist. Am Donnerstag richtete sie über ihren offiziellen Twitteraccount einen Hilferuf an ihren Onkel, König Salman, und dessen Sohn MbS, aber auch an internationale Politiker und Medien. Sie werde im Hochsicherheitsgefängnis al-Ha'ir in der saudischen Hauptstadt Riad festgehalten, ohne Anklage, wie sie schreibt. Dabei habe sie "nichts Falsches getan". Ihre Gesundheit verschlechtere sich zunehmend, klagt sie, in einem Ausmaß, das zu ihrem Tod führen könnte. Ihr Büro bestätigte ihre Aussagen.

Im März 2019 soll die Prinzessin, kurz bevor sie zur medizinischen Behandlung in die Schweiz aufbrechen wollte, festgesetzt worden sein. Nun bestätigte Basmah bint Saud diese Berichte; sie sei gemeinsam mit einer ihrer Töchter "entführt" und "ins Gefängnis geworfen" worden. Es gibt unterschiedliche Vermutungen, warum die Prinzessin hinter Gittern sitzt. Ein Journalist, der anonym bleiben möchte, vermutet einen Konflikt mit der Regierung um Landbesitz. Doch auch ihre öffentlichen Auftritte könnten der Grund sein, warum die Prinzessin bei ihrem Cousin in Ungnade gefallen ist. Beispielsweise forderte sie ein Ende des von Riad geführten und ihrer Meinung nach unmenschlichen Krieges in Jemen.

Basmah bint Saud ist eine der wenigen saudischen Prinzessinnen, die sich regelmäßig zu Wort melden. So war sie jahrelang nicht nur beliebte Gesprächspartnerin für internationale Medien, sondern schrieb auch selbst Artikel, etwa in der saudischen Zeitung Al Madina. Dort bezeichnete sie 2010 die Religionspolizei als "barbarisch" und warf ihr vor, ohne jegliche islamische Grundlage und zu Lasten der Frauen zu handeln. Dem britischen Independent sagte sie, nach dem Arabischen Frühling habe man ihre Artikel teilweise zensiert. Darin kritisierte sie auch das politische System des Königreichs. Sie sprach sich gegen die absolutistisch geführte Monarchie aus und warb für eine konstitutionelle Regierungsform, in der die Befugnisse des Königs von denen des Premierministers getrennt würden.

Ihre bei den Mächtigen oft umstrittene Meinung bildete sie wohl fern der Heimat. Als Tochter des 1964 gestürzten Königs zog sie mit ihrer syrischstämmigen Mutter, Prinzessin Jamila bint Asad, nach Beirut. Die Jüngste von 115 Nachkommen soll ihren Vater, der fünf Jahre nach ihrer Geburt starb, nur wenige Male gesehen haben. Als 1975 der Bürgerkrieg in Libanon begann, floh die Familie schließlich nach Großbritannien. In Libanon, in den USA und in der Schweiz studierte sie Medizin, Psychologie und englische Literatur. Ende 2015 kehrte sie nach Saudi-Arabien zurück. Als geschiedene Mutter von fünf Kindern machte sie sich als Geschäftsfrau einen Namen, sie gründete eine Restaurantkette. Ihr jetziges Gnadengesuch erreicht ihren Cousin, kurz nachdem er Anfang März drei hochrangige Prinzen wegen angeblicher Putschpläne festnehmen hatte lassen.

© SZ vom 18.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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