Profil:Alexander Stubb

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(Foto: Thierry Charlier/AFP)

Noch ein Kandidat mit Ambitionen auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten.

Von Alexander Mühlauer

Am Ende geht es doch um die eine Frage: Was hätte man zu verlieren? Immer wieder hat Alexander Stubb darüber nachgedacht. Doch anscheinend fiel ihm nichts ein, was gegen seine Entscheidung sprechen würde. Und so will Stubb aller Voraussicht nach am Dienstag erklären, dass er als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) in die Europawahl ziehen möchte. Der Finne wäre damit der erste und bislang einzige Konkurrent von Manfred Weber. Auch der CSU-Politiker greift nach dem mächtigsten Amt, das die Europäische Union zu vergeben hat: Präsident der EU-Kommission.

Die Chancen der beiden Christdemokraten stehen nicht schlecht. Denn mit ziemlicher Sicherheit dürfte die EVP bei der Europawahl im Mai 2019 wieder stärkste Kraft im EU-Parlament werden. Ihr Spitzenkandidat hat beste Aussichten, Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident nachzufolgen. Doch der Weg zum Chef der mächtigsten europäischen Behörde ist noch lang. Zunächst müssen Europas Konservative entscheiden, wen sie zu ihrem Spitzenkandidaten küren. Die Entscheidung fällt beim Parteikongress am 8. November in Helsinki.

Für Stubb wird das eine Art Heimspiel. Er wurde 1968 in der finnischen Hauptstadt geboren, war dort Außenminister, Finanzminister und Ministerpräsident. Schon bevor er Regierungschef wurde, hatte er einiges von der Welt gesehen. Er besuchte eine High School in Florida, studierte in South Carolina und am Europakolleg in Brügge; schließlich dann die Promotion zum Doktor der Philosophie an der London School of Economics. Dazwischen arbeitete er in einer deutschen Papierfabrik, lernte Französisch an der Pariser Sorbonne und spielte in der finnischen Golf-Nationalmannschaft.

Kein Wunder, dass Stubb alle drei Amtssprachen der EU - Französisch, Englisch und Deutsch - fließend spricht. Im Gegensatz zum eher bodenständigen Weber wirkt der Skandinavier geradezu weltmännisch. Anders als der für CSU-Verhältnisse zurückhaltende Niederbayer ist der Finne aber auch einer, der sein Selbstbewusstsein nur schwer verstecken kann. Stubb versteht es, sich und seine Politik gut zu verkaufen. Als ehemaliger Parteivorsitzender der finnischen Sammlungspartei (Kok) beherrscht er es, seine Botschaften in Geschichten zu verpacken, die hängen bleiben.

In letzter Zeit genoss er allerdings weniger Aufmerksamkeit, als ihm lieb sein konnte. Seit gut einem Jahr ist er Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Das Geldhaus vergibt mehr Kredite als die Weltbank und soll im Auftrag der EU-Staaten dafür sorgen, dass Fluchtursachen vor Ort bekämpft werden, insbesondere in Afrika. Stubb ist der Meinung, dass die Flüchtlingsfrage nur gelöst werden kann, wenn die Menschen zu Hause eine wirtschaftliche Perspektive haben; dann würden sie sich nicht mehr nach Europa aufmachen.

In Sachen Migration gibt es zwischen Stubb und Weber keine großen Unterschiede. Spannender ist da schon die Frage, wie Europa mit der Türkei umgehen soll. Während Weber für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen plädiert, will Stubb die Tür nicht ganz schließen. Interessant wird auch zu beobachten sein, wie der Finne die Nähe von Weber (und seiner CSU) zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán thematisiert.

Der Wahlkampf hat begonnen. Das Weber-Lager hat Stubb bereits das Etikett eines "neoliberalen Strebers" verpasst. Wofür er steht, will der Finne in den kommenden Wochen erklären. Stubb ist nicht nur Triathlet, er ist auch ein Technik-Freak, den die gesellschaftspolitischen Folgen der Digitalisierung umtreiben. Fest steht jedenfalls, dass er in Zeiten von Trump jenen Westen verteidigen will, den er selbst als Politiker geprägt hat. Bislang kann Stubb auf die Unterstützung der nordischen und baltischen Länder zählen. Und darauf, dass am Ende geheim abgestimmt wird.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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