Pressefreiheit:Türkei: Regierungskritische Journalisten wieder frei

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Can Dündar (rechts) und Erdem Gül von der linksliberalen Tageszeitung Cumhuriyet sprechen nach ihrer Freilassung aus der Haft mit der Presse. (Foto: AFP)
  • Die beiden seit drei Monaten inhaftierten türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül sind wieder frei. Das berichten türkische Medien.
  • Das türkische Verfassungsgericht hatte die Festnahme des Chefredakteurs der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet und seines Bürochefs in Ankara für nicht rechtens erklärt.
  • Der Fall hatte auch international scharfe Kritik an Präsident Recep Tayyip Erdoğan ausgelöst.

Dündar und Gül wurden bei Verlassen des Silivri-Gefängnisses in Istanbul von ihren Familien und Kollegen jubelnd empfangen. Das Verfassungsgericht hatte am Donnerstag mit zwölf gegen drei Richterstimmen entschieden, dass die "Rechte auf persönliche Freiheit und Sicherheit" von Dündar und Gül verletzt wurden.

Die für Terrordelikte zuständige Staatsanwaltschaft in Istanbul wirft den Journalisten Spionage und einen Umsturzversuch gegen die Regierung vor. Sie sollen mit Berichten über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Rebellen in Syrien Staatsgeheimnisse verraten haben. Ende Mai 2015 hatte ihre Zeitung Indizien vorgelegt, die eine Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien nahelegten.

Das Verfahren gegen die Journalisten soll nun mit der Anklageerhebung Ende März fortgesetzt werden. Bei einer Verurteilung drohen ihnen immer noch lebenslange Haftstrafen.

Reporter Ohne Grenzen zeigt sich erfreut über das Urteil

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen hat die Entscheidung des türkischen Verfassungsgerichts zur Freilassung der Journalisten begrüßt. Das Urteil sei ein Zeichen "erfreulicher politischer Unabhängigkeit", sagte Geschäftsführer Christian Mihr. Der Haftentlassung müsse nun die Einstellung des noch immer drohenden Verfahrens und die Aufhebung aller Vorwürfe folgen. Die beiden Journalisten waren seit November vergangenen Jahres in Untersuchungshaft, davon 40 Tage in Isolationshaft.

Dündars und Güls Festnahme hatte in der Türkei und anderen Ländern Empörung ausgelöst. Ihr Fall gilt als Beispiel für eine zunehmende Unterdrückung der Presse unter Staatspräsident Erdoğan. Der Europarat und mehrere internationale Journalistenverbände kritisierten die Inhaftierungen in dem EU-Bewerberland. Dündar warf der EU vor, die Drangsalierung der Medien in der Türkei aus Rücksicht auf die erhoffte Zusammenarbeit mit Ankara bei der Flüchtlingsabwehr totzuschweigen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten.

© AFP/KNA/ond/danh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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