Präsident der EU-Kommission:Linkes Lager lehnt Barroso ab

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Sozialisten und Grüne im Europa-Parlament wollen eine zweite Amtszeit von Kommissionspräsident Barroso verhindern - der konservative Portugiese sei "ein Chamäleon" ohne Haltung.

Die Sozialisten im Europaparlament wollen den portugiesischen Christdemokraten José Manuel Barroso nicht für eine zweite Amtszeit mitwählen.

José Manuel Barroso (Foto: Foto: Reuters)

Der bisherige Vorsitzende der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), sagte der Financial Times Deutschland: "Herr Barroso steht für eine Politik, gegen die wir in den Wahlkampf gezogen sind." Er fügte hinzu: "Ich kann meiner Fraktion deshalb derzeit nicht empfehlen, Herrn Barroso für eine zweite Amtszeit zu unterstützen."

Auch der grüne Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit warnte davor, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine zweite Amtszeit absolvieren zu lassen. Barroso sei "ein Chamäleon", sagte Cohn-Bendit der französischen Tageszeitung Libération. "Er ist unfähig, bei einer Haltung zu bleiben."

Am besten habe der ehemalige französische Europastaatssekretär, Jean-Pierre Jouyet, den amtierenden Kommissionspräsidenten beschrieben: "Wenn Sie mit ihm reden, hat der letzte Recht, mit dem er gesprochen hat", zitierte Cohn-Bendit.

"Sie einigen sich mit ihm auf irgendetwas. Am nächsten Tag trifft er zufällig jemand anderen, und das Gegenteil ist richtig." Aus diesem Grund versuche er, im Europaparlament eine Mehrheit gegen Barroso zu finden, sagte der Grünen-Politiker.

Zuvor hatte Barroso erklärt, eine zweite Amtszeit anzustreben. Nach einem Treffen mit dem tschechischen Ministerpräsidenten und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Jan Fischer sagte Barroso in Brüssel: "Ich fühle mich geehrt, dass der Ratspräsident mich gefragt hat, ob er mich für eine zweite Amtszeit vorschlagen darf. Ich habe zugestimmt."

Bundeskanzlerin Angela Merkel befürwortete die Bewerbung: Der 53-jährige Portugiese habe ihre Unterstützung, sagte die CDU-Chefin in Berlin nach einem Treffen mit Fischer.

Angesichts der scharfen Kritik der Grünen und auch der Sozialisten an dem konservativen Politiker kündigte Merkel an, mit allen großen Fraktionen im Europäischen Parlament zu sprechen. Dies sei "eine Frage des fairen Umgangs", betonte sie. "Es reicht nicht, wenn sich der Rat mit der Kommission unterhält. Da ist das Parlament unbedingt miteinzubeziehen."

Barroso war zuvor bereits von der Europäischen Volkspartei (EVP), die nach der Europawahl am Sonntag erneut stärkste Kraft im EU-Parlament ist, für eine zweite Amtszeit empfohlen worden.

Barroso schränkte allerdings ein, er stehe nur zur Verfügung, wenn die EU-Regierungen "das Programm akzeptieren, das ich für die nächsten fünf Jahre vorlegen werde".

Die EU-Staats- und Regierungschefs kommen Ende nächster Woche zu einem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen, auf dem unter anderem der von Barroso vorgeschlagene Fahrplan für die Reform der europäischen Finanzmarktaufsicht verabschiedet werden soll.

Auch wenn Barroso auf die offizielle Berufung für eine zweite Amtszeit voraussichtlich noch warten muss, gibt es kaum Alternativen zu dem Portugiesen.

Nach dem Sieg der Konservativen bei der Europawahl am Sonntag kann Barroso auch im EU-Parlament mit einer breiten Mehrheit rechnen. Erwartet wird deshalb, dass die Staats- und Regierungschefs nächste Woche zumindest eine gemeinsame Erklärung zur Unterstützung seiner Kandidatur abgeben.

© dpa/AFP/Reuters/odg/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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