Der letzte Eintrag auf ihrem Blog endet mit einer resignierten Note: "Wo du auch hinschaust", schrieb Daphne Caruana Galizia, "überall sind Gauner. Die Lage ist hoffnungslos." Gepostet hat sie ihn am Montagnachmittag, 14.35 Uhr. 25 Minuten später war sie tot.
Eine Bombe sprengte ihren Wagen in die Luft, es war ein Mietwagen. Sie hatte ihn eben erst vor dem Haus der Familie in Bidnija bestiegen, einem Ort in Malta. Die Wucht der Explosion war so groß, dass es den Kleinwagen Dutzende Meter weit schleuderte. Der Körper, sagte die Polizei, sei bis zur Unkenntlichkeit entstellt gewesen, als die Beamten ihn fanden. Die Journalistin Daphne Caruana Galizia ist 53 Jahre alt geworden.
Politiker warfen der Bloggerin Fantasterei vor
Sie war die bekannteste Bloggerin der Insel mit lauter, freimütiger, zuweilen bissiger Stimme, die sich seit zwei Jahren einen täglichen Kampf mit der Regierung lieferte. Daphne Caruana Galizia hatte im Februar 2016 vorweggenommen, was die "Panama Papers" über einige Mitglieder der maltesischen Führungsriege zwei Monate später offenbaren sollten. In ihren Enthüllungen berichtete sie also, dass zwei zentrale Mitarbeiter von Maltas Premier Joseph Muscat unlautere Finanzoperationen getätigt hatten: Konrad Mizzi, damals Energie- und Gesundheitsminister sowie Vorsitzender der Labour Party, und Keith Schembri, Muscats Kabinettschef, sollen Offshore-Konten in Panama und Trusts in Neuseeland eröffnet haben.
Den Steuerbehörden daheim meldeten sie nichts davon. Fragwürdig war das auch, weil beide Politiker ihre Konten und Trusts einrichteten, kaum waren sie an die Macht gelangt. Zunächst beklagten sich Schembri und Mizzi über die Vorwürfe der Bloggerin und taten sie als parteiische Fantasterei ab. Als dann die "Panama Papers" veröffentlicht wurden und ein internationales Publikum von den Anschuldigungen erfuhr, wuchs der Druck auf die Regierung.
Muscat stellte sich jedoch schützend vor seine Vertrauensleute. Schembri beließ er in seiner Funktion; Mizzi verlor ein Portfolio und den Vorsitz der Partei, blieb aber zentrale Figur in der Regierung und trat bei internationalen Konferenzen als De-facto-Energie-Minister auf. Trotz der Skandale gewann Labour im Juni die Parlamentswahl.
Premier Muscat spricht von "heimtückischer Attacke"
Die Investigativjournalistin hatte auch an Dokumenten gearbeitet, die offenlegen, wie Firmen und Privatleute über Malta Steuern vermeiden. In Malta löste der Tod von Daphne Caruana Galizia, die Morddrohungen erhalten hatte, eine Welle von Entrüstung und Schock aus, Tausende versammelten sich mit Kerzen. Manche sprachen schon von "politischem Mord". Die Zeitungen nannten es einen "schwarzen Tag für die Demokratie". Premier Muscat twitterte: "Das ist eine heimtückische Attacke gegen eine Bürgerin und gegen die Meinungsfreiheit. Ich werde nicht ruhen, ehe Gerechtigkeit geübt worden ist." Der Chef der oppositionellen Nationalist Party, Adrian Delia, sprach vom "Kollaps der Demokratie".
Der letzte Eintrag in "Daphne Caruana Galizias Notebook", wie der Blog hieß, handelte von einem Auftritt Schembris vor dem Richter. Titel: "Dieser Gauner Schembri war heute im Gericht und plädierte, dass er kein Gauner sei."