Politik kompakt:Merkel rechtfertigt Libyen-Enthaltung mit Forderung Obamas

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Deutschland hat sich einem Bericht des Spiegel zufolge im Sicherheitsrat zum Libyen-Einsatz vor allem deswegen enthalten, um keine Soldaten schicken zu müssen. Auslöser für die umstrittene Haltung war laut Kanzlerin Merkel eine Äußerung von US-Präsident Obama.

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Bundeskanzlerin Merkel hat US-Präsident Obama nach einem Bericht des Spiegel als Kronzeugen für die umstrittene deutsche Haltung im Libyen-Konflikt benannt. Wie das Magazin schreibt, sagte Merkel in einer Rede vor deutschen Botschaftern im Kanzleramt, sie habe nach der Entscheidung des UN-Sicherheitsrats zum Einsatz gegen Libyen im Februar mit Obama in Washington über die deutsche Enthaltung geredet.

US-Präsident Obama wollte von Angela Merkel deutsche Soldaten in Libyen sehen - wohl ein wichtiger Grund, warum sich Deutschland im Sicherheitsrat enthielt. (Foto: AFP)

Dabei habe die CDU-Vorsitzende auch erwähnt, dass eine Reihe von Kritikern im Bundesrat für ein Ja Deutschlands im Sicherheitsrat gewesen seien, aber gegen den Einsatz von Bundeswehrsoldaten. Merkel zufolge erwiderte Obama darauhin laut Spiegel: "Das ist ja Quatsch. Wenn Deutschland zustimmt, dann müssen Sie auch mitmachen." Dieser unterstellte Automatismus sei eines der wichtigsten Argumente gewesen, mit denen die schwarz-gelbe Bundesregierung ihre Enthaltung begründete.

Wie der Spiegel weiter schreibt, hat die Regierungallerdings selbst auf eine schriftliche Frage des SPD-Außenpolitikers Gernot Erler 16 Fälle aufgelistet, in denen Deutschland seine Zustimmung zu einem Einsatz gegeben hat, aber keine Soldaten schickte.

(dpa)

Iran nimmt sein erstes Atomkraftwerk in Betrieb, Syriens Militär tötet trotz Sanktionen weiter und Berlins CDU überholt nach einer Umfrage die Grünen. Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

In Iran ist Medienberichten zufolge das erste Atomkraftwerk ans Netz gegangen. "Das AKW Bushehr ist am Samstag um 23.29 Uhr (Ortszeit) mit einer Leistung von rund 60 Megawatt an das nationale Stromnetz angeschlossen worden", meldete die Nachrichtenagentur Isna. Der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde, Hamid-Chadem Kaemi, sagte dem Fernsehsender Al-Alam, offiziell werde das Kraftwerk am 12. September eingeweiht. Bis dahin werde es mit etwa 40 Prozent Leistung laufen.

Bei der Behörde war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Siemens begann mit dem Bau des Kraftwerks vor der islamischen Revolution in den 1970er Jahren. Der Weiterbau erfolgte später mit Hilfe russischer Spezialisten, verzögerte sich aber um mehrere Jahre. Iran will mit der Atomtechnologie unabhängiger von fossilen Brennstoffen wie Öl werden. Der Westen befürchtet jedoch, das Land wolle mit der Technik auch Atomwaffen bauen. Von Bushehr geht nach Ansicht von Experten eine solche Gefahr allerdings nicht aus, da Russland das spaltbare Material für den Reaktor liefert und die verbrauchten Brennelemente wieder abnimmt.

(Reuters)

Ungeachtet eines Öl-Embargos und neuer Sanktionsdrohungen der EU ist das syrische Regime am Sonntag weiter hart gegen Dissidenten vorgegangen. Aktivisten berichteten von Militäraktionen und Massenfestnahmen in Idlib nahe der türkischen Grenze und in der ostsyrischen Stadt Deir el Sur, bei denen es auch Tote gegeben habe. Nach Darstellung von Oppositionsvertretern sind mindestens acht Zivilisten ums Leben gekommen

Während die EU nach der Verhängung eines Öl-Embargos Syrien mit einer weiteren Verschärfung der Sanktionen drohte, reiste der Chef des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC), Jakob Kellenberger, nach Damaskus, wo er am Montag mit Präsident Baschar al-Assad unter anderem über den Zugang zu Häftlingen und Verletzten sprechen will. Am Sonntag traf er bereits mit Außenminister Walid Muallem zusammen.

Die EU hatte zuvor ihren Ton gegenüber Damaskus weiter verschärft. "Wenn Baschir al-Assad nicht reagiert, wenn sich das Regime nicht ändert, müssen wir den Druck auf Syrien verstärken", sagte der französische Außenminister Alain Juppé nach einem Treffen der EU-Ressortchefs am Samstag im polnischen Seebad Sopot. Der Franzose deutete sogar die Bereitschaft an, über Wirtschaftssanktionen hinauszugehen: Zwar sei Syrien nicht Libyen. "Aber wir müssen konsequent sein, gegenüber uns selbst und gegenüber der Staatengemeinschaft. Die EU, in jedem Fall Frankreich, sollte ihre Verantwortung zum Schutz der Bevölkerung gegen die Gewalt von Diktatoren erfüllen."

Razzien gegen Regierungsgegner in mehreren Hochburgen der Proteste wurden am Sonntag jedoch fortgesetzt, mehrere Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Erst am Freitag waren nach Angaben von syrischen Aktivisten in einem Vorort von Damaskus 13 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden. Am Samstag töteten Soldaten nach Angaben von Aktivisten auf der Suche nach einem ranghohen Überläufer im Norden des Landes zwei Menschen. Der Generalstaatsanwalt der Provinz Hama, Adnan Bakkur, hatte am Mittwoch aus Protest gegen die Niederschlagung der Protestbewegung seinen Rücktritt bekannt gegeben. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur vermeldete am Sonntag auch Tote auf Regierungsseite. Bei einem Hinterhalt im Zentrum des Landes seien sechs Soldaten und drei Zivilisten von bewaffneten Gruppen getötet worden, hieß es.

(dapd/Reuters)

Zwei Wochen vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin hat die CDU einer Umfrage zufolge die Grünen als zweistärkste Partei abgelöst. In einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin Focus kam die SPD des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit auf 32 Prozent. Bündnis 90/Die Grünen verloren mit ihrer Spitzenkandidatin Renate Künast weiter und kamen auf 20 Prozent. Die CDU verbesserte sich dagegen auf 23 Prozent. Für die Partei Die Linke würden der Umfrage zufolge elf Prozent stimmen. Die FDP würde es mit vier Prozent nicht in das Abgeordnetenhaus schaffen. Ebenfalls auf vier Prozent kam die Piraten-Partei. Auf sonstige Parteien entfielen sechs Prozent.

Emnid befragte zwischen dem 29. August und dem 1. September 1001 wahlberechtigte Berliner. Künast glaubt trotz des Umfrage-Rückstands an einen Wahlsieg. "Wir wollen die Nummer Eins werden und die Regierende Bürgermeisterin stellen", sagte sie der Bild am Sonntag. Nach der Wahl wollten die Grünen auch mit der CDU die Möglichkeit einer Regierungsbildung ausloten, sagte Künast. Die Partei werde selbstbewusst "mit SPD und CDU sondieren, wo die meisten grünen Inhalte umgesetzt werden können".

(dpa)

Die US-Regierung will einem Zeitungsbericht zufolge die Palästinenser davon abbringen, die Anerkennung eines eigenen Staates durch die Vereinten Nationen (UN) zu beantragen. Die Regierung habe einen Vorschlag für neue Friedensgespräche mit den Israelis in Umlauf gebracht - in der Hoffnung, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den Antrag zur Anerkennung eines Palästina-Staates bei der UN-Vollversammlung ab dem 20. September aufgibt, berichtete die New York Times.

Dieser Vorstoß könne aber vielleicht zu spät kommen, zitiert die Zeitung amerikanische Regierungsvertreter und ausländische Diplomaten. Die US-Regierung hat dem Bericht zufolge Abbas bereits darüber informiert, dass sie ein Veto zum Palästina-Staat im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einlegen werde. Deutschland gehört mit den Niederlanden, Italien und Tschechien zu jenen Staaten, die diese Mitgliedschaft zum jetzigen Zeitpunkt ablehnen. Frankreich hat deutlich gemacht, dass es einem solchen Aufnahmeantrag zustimmen könnte, wenn Israel weiterhin nicht zu Friedensgesprächen mit den Palästinensern bereit sei.

(dpa)

Nach Gefechten zwischen Rebellen und dem Militär hat die Regierung im Sudan den Notstand für eine umkämpfte Region an der Grenze zu Äthiopien ausgerufen. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR sprach von Berichten, wonach 20.000 Menschen auf der Flucht seien, wie die britische BBC berichtete.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich "zutiefst besorgt". Er rief dazu auf, die Feindseligkeiten zu beenden. Der von Präsident Omar al-Baschir am Samstag verkündete Notstand gilt Medienberichten zufolge für die Region am Blauen Nil. Der Präsident habe den Gouverneur Malik Agar entlassen und einen neuen Militärführer eingesetzt. Unterdessen will der Südsudan seine Hauptstadt von Juba nach Ramciel verlegen. Präsident Salva Kiir und der Ministerrat hätten die Entscheidung am Freitag getroffen, berichtete das Onlineportal Sudan Tribune.

Seit einiger Zeit war spekuliert worden, wo die Hauptstadt des jungen unabhängigen Staates sein werde. Ein Regierungssprecher sagte, dass der komplette Umzug in die neue Hauptstadt sich noch drei bis fünf Jahre hinziehen werde. Ramciel liegt im Bundesstaat Lakes und ist mehrere hundert Kilometer von Juba entfernt. Die Stadt Juba war bisher der Hauptverkehrsknoten im Südsudan. Zahlreiche UN- und Hilfsorganisationen sind in der Stadt angesiedelt.

(dpa)

Im Streit über Schwarzgeld-Konten haben die USA der Schweiz ein Ultimatum gestellt. Der stellvertretende US-Justizminister James Cole habe der Credit Suisse und neun kleineren Banken mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte die Schweiz nicht bis Dienstag umfangreiche Informationen über Konten amerikanischer Steuersünder liefern, berichteten die Sonntagszeitung und die Neue Zürcher Zeitung.

Im Gegenzug seien die USA bereit, einen Kompromissvorschlag der Schweizer Regierung zu prüfen. Bei den betroffenen Banken soll es sich neben der Credit Suisse unter anderem um die Privatbanken Julius Bär und Wegelin sowie um die Züricher und die Baseler Kantonalbank handeln, wie die Sonntagszeitung weiter unter Berufung auf das Umfeld der Verhandlungen schrieb.

Ein Schweizer Regierungssprecher wollte sich nicht dazu äußern. Dem Blatt zufolge verlangen die USA von den zehn Banken detaillierte Auskünfte über deren US-Kunden. Dabei gehe es darum, die Anzahl aller US-Privatkunden und Stiftungen mit Anlagen von mindestens 50.000 Dollar zwischen 2002 bis Juli 2010 offenzulegen. Zehntausende Kunden könnten betroffen sein, viel mehr als die Schweiz nach einem noch von den USA zu ratifizierenden Steuerabkommen offenlegen könnte.

Die US-Behörden wollen herausfinden, ob die Institute ebenso wie das größte Schweizer Geldhaus UBS reichen Amerikanern bei Steuerhinterziehung geholfen haben. Die UBS hatte solche Vorwürfe vergangenes Jahr eingeräumt und 780 Millionen Dollar Strafe gezahlt. Zudem musste das Institut die Namen von rund 4500 mutmaßlichen US-Steuersündern herausrücken.

(Reuters)

Die deutsche Beteiligung am internationalen Afghanistan-Einsatz ist nach Recherchen des Spiegel nicht zwingend gewesen. Die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) habe den USA militärische Hilfe aufgedrängt, schreibt das Nachrichtenmagazin. So werde der damalige US-Außenminister Colin Powell in einem Bericht des deutschen EU-Botschafters vom 12. September 2001 mit den Worten zitiert, die USA brauchten "keine konkrete Hilfe".

Die Wendung von der "uneingeschränkten Solidarität", die Kanzler Schröder den USA unmittelbar nach den Anschlägen zugesichert hatte, sei eher zufällig entstanden. Viele der damals handelnden Menschen zweifeln laut Spiegel den Sinn des Afghanistan-Einsatzes mittlerweile an. "Wir hatten uns mit einer fast schon arroganten Unbescheidenheit, mit unangemessenen Mitteln unrealistische Ziele gesetzt und unerfüllbare Erwartungen geweckt", sagte der Afghanistan-Beauftragte Michael Steiner, damals Schröders Sicherheitsberater. "Wir brauchten fast ein Jahrzehnt, die nötige Demut vor der Realität zu erlernen. Aber das haben wir jetzt getan."

Der damalige Kanzleramtschef und heutige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte dem Nachrichtenmagazin, er sei sicherlich "zu anspruchsvoll" gewesen, was man sich und für Afghanistan versprochen hatte. Deshalb habe man das Ziel korrigiert: "Die Musterdemokratie nach westeuropäischem Modell ist ja schon seit Jahren nicht mehr das propagierte Ziel." Im Dezember 2001 hatte der Bundestag erstmalig für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gestimmt. Derzeit sind dort für den internationalen Einsatz ISAF 5100 deutsche Soldaten stationiert.

(dpa)

Einer der engsten Vertrauten des kubanischen Präsidenten Raúl Castro, Verteidigungsminister Julio Casas Regueiro, ist gestorben. Wie die staatlichen Medien unter Berufung auf eine Mitteilung der Regierung berichteten, erlag der 75-jährige Drei-Sterne-General am Samstag einem Herzinfarkt.

Das Organ der Jungkommunisten Kubas Juventud Rebelde würdigte Casas Regueiro als einen Mann, der sich seit seiner Jugend der Revolution gewidmet habe. So habe er in den 1950er Jahren unter dem Kommando des heutigen Präsidenten Raúl Castro (80) an den nationalen Befreiungskämpfen teilgenommen. Der 1936 in Ostkuba geborene Casas Regueiro war seit 1969 stellvertretender Verteidigungsminister. 2008, als sein Vorgänger Raúl Castro Kubas Präsident wurde, übernahm Regueiro die Führung der Streitkräfte. Er war auch Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei und stellvertretender Staatsratsvorsitzender.

Als Nachfolger kommen nach Meinung von Beobachtern in Kuba der erste Stellvertretende Verteidigungsminister Leopoldo Cintra Frias (70) und der Chef des Generalstabes Álvaro López Miera (67) infrage. Beide sind Drei-Sterne-Generäle des Heeres und Mitglieder des Politbüros.

(dpa)

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