Polen:Premier Tusk gewinnt Vertrauensfrage

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Zumindest die Abgeordneten seiner Regierungskoalition stehen hinter ihm: Polens Premier Donald Tusk hat die Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen. Dort war ihm die Mehrheit sicher, in der Bevölkerung aber verliert er immer mehr Rückhalt.

Es war eine überraschende Ankündigung: Erst am Abend zuvor hatte der polnische Premierminister Donald Tusk gesagt, dass er dem Parlament die Vertrauensfrage stellen wolle - bereits am nächsten Tag. "Die Polen sollen sehen, dass ich um ihr Vertrauen kämpfe", sagte er.

Polens Premier Donald Tusk: Mehrheit im Parlament, aber nicht in der Bevölkerung (Foto: dpa)

Sein Plan ist aufgegangen: Bei der Abstimmung am Freitagabend stimmten 233 Abgeordnete für den liberalkonservativen Regierungschef, die Koalitionsfraktionen verfügen über 234 Sitze. 219 Parlamentarier verweigerten Tusk das Vertrauen.

Tusk sagte vor der Abstimmung, er wisse, dass eine Regierung nach fünf Jahren an der Macht auch Enttäuschungen auslöse. Nach jüngsten Umfragen würden derzeit nur 26 Prozent der Polen für Tusks Bürgerplattform (PO) stimmen - bei den Wahlen im vergangenen Jahr waren es knapp 40 Prozent. Tusk war damals für eine zweite Amtszeit gewählt worden.

Vor der Abstimmung hatte Tusk am Mittag den Rechenschaftsbericht der Regierung vorgestellt. Der Regierungschef gab sich bei der Vorstellung des Berichtes vor allem pragmatisch, ohne darüber soziale Themen zu ignorieren. Mehr Investitionen ins Straßen- und Schienennetz, in die Energieversorgung sowie mehr Unterstützung für Familien versprach er für die kommenden drei Jahre. Mit der Verlängerung des Erziehungsurlaubs und höheren staatlichen Subventionen für Kindergärten soll die Familienpolitik gestärkt werden.

Tusk stimmte Abgeordnete und Wähler auf schwierige Zeiten ein: Der Kampf gegen die Wirtschaftskrise dauere an. Nationalkonservative und linke Opposition gaben sich in der Debatte nach dem Rechenschaftsbericht enttäuscht: Der Bericht sei wenig konkret und enthalte keine Visionen, kritisierte Boleslaw Piech von der nationalkonservativen Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS). "Die Polen haben genug von dieser Regierung und ihrem Premier", sagte er. Über den Wandel Polens in einen modernen Staat habe Tusk "praktisch nichts gesagt", sagte auch Janusz Palikot von der Linkspartei Ruch Palikota.

© Süddeutsche.de/dpa/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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