Philippinen:Gesetz der Willkür

Lesezeit: 2 min

Präsident Duterte stürzt sein Land ins Chaos. Die staatlich verordnete Menschenjagd hebt die Grenzen zwischen Recht und Unrecht auf. Die Gesellschaft verliert allen Halt, das organisierte Verbrechen profitiert. Jetzt lässt sich jede offene Rechnung mit Gewalt begleichen.

Von Arne Perras

Die Gesetzlosigkeit in Manila hat ein Gesicht: Rodrigo Duterte. Der Präsident, den das philippinische Wahlvolk 2016 aus Frust über die herrschenden Zirkel der Superreichen an die Macht brachte, verheddert sich in einer Politik, die zwar die Rettung der Massen verspricht, aber doch das Gegenteil bewirkt. Die Regierung hat mit ihren brutalen Menschenjagden den Staat an den Abgrund geführt. Und kein anderer als Duterte ist dafür verantwortlich.

Angetreten war der Staatschef mit dem Versprechen, die Korruption zu beseitigen, den Sumpf des organisierten Verbrechens auszutrocknen und die Philippiner von den Drogen zu befreien. Nach sieben Monaten im Amt ist offenkundig, was der sogenannte Anti-Drogen-Krieg anrichtet. Er hebelt nicht nur die Regeln des Rechtsstaates aus. Er zersetzt auch die moralischen Werte einer Gesellschaft, die sich nach dem allmächtigen Erlöser sehnt, den es nirgends gibt. Die Philippiner erhofften sich Rettung aus dem Elend und Schutz vor Verbrechen. Ihr Präsident aber spielt nur mit der Psyche des Volkes, indem er ruft: "Ich bin eure letzte Karte." Duterte lebt von der Angst, Hoffnungen hat er nicht erfüllt.

"Dirty Harry" ist nur im Film ein Held, im Alltag kann er nichts Gutes bewegen. Mehr als 7 000 Philippiner sind gestorben, weil sie angeblich Drogen nahmen oder dealten. Einen Prozess hat keiner von ihnen bekommen, stattdessen wurden sie von Polizisten oder Killerkommandos er-schossen. Die Jagd füllt die Leichenhäuser mit Opfern, denen oft nur ein Gerücht zum Verhängnis wurde.

Präsident Duterte stürzt sein Land ins Chaos, das Recht verfällt

Dutertes Vollstrecker-Fantasien nützen zynischerweise nur jenen, die er verspricht zu bekämpfen. Die Verbrechersyndikate lassen sich mit der Methode Duterte nicht bezwingen. Unter dem Mantel des Anti-Drogen-Krieges kann nun jede Rechnung beglichen werden. Duterte liefert die perfekte Tarnung für jene Bösewichte, die er angeblich ausschalten möchte. Er stärkt sie, weil er ihre Werkzeuge anwendet. So wie die Mafia sät er Furcht und erzwingt Gefolgschaft. Recht und Unrecht lassen sich im Staat nicht mehr trennen.

Nun lamentiert der Staatschef, wie korrupt der Polizeiapparat doch sei, nachdem ein paar Sicherheitskräfte einen koreanischen Geschäftsmann entführt und später ermordet haben, offenbar, weil sie Lösegeld erpressen wollten. Duterte nutzt den Vorfall, um vom eigenen Versagen abzulenken und einen Sündenbock für die Exzesse vorzuführen, die er selbst befördert hat. Dabei war er lange genug Bürgermeister, um zu wissen, wie korrupt die Polizei ist. Dass er nun auch noch nach dem Militär ruft, um seinen Anti-Drogen-Krieg mit neuer Mannschaft fortzusetzen, macht es nur noch schlimmer.

Kräfte, die mäßigend auf den Staatschef einwirken könnten, sind nicht in Sicht. Seine politischen Gegner sind schwach, sie gehören zu jener Clique, die lange genug die Massen mit ihrer abgehobenen Politik enttäuscht haben. Sanktionen aus dem Ausland würden allenfalls die Armen treffen und dem Staatschef in die Hände spielen. Er würde gegen die angeblichen Feinde der Philippinen Stimmung machen. Traditionell haben die USA den stärksten Einfluss, doch sieht es nicht so aus, als ob sich Donald Trump für Men-schenrechte auf den Philippinen interessieren könnte. Strategisch steckt Washington allemal in einem Dilemma. Für die USA ist die Militärallianz mit Manila bedeutsam, um der Macht Pekings entgegenzuwirken.

Der asiatische Hegemon China nutzt indes das Vakuum, das die Verwerfungen um Trump auch in Asien erzeugen. Gleichzeitig dürfte Peking wenig Lust verspüren, Duterte zur Räson zu bringen. Das Chaos in Manila kommt gerade recht, es lenkt ab vom Streit um die Inseln. All das nutzt Peking nur.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: