Pflege-Zusatzversicherungen:Harsche Kritik an Koalitionsbeschluss zur privaten Vorsorge

Lesezeit: 2 min

"Verschwendung von Steuermitteln", "FDP-Lobbyismus", "fauler Kompromiss": Grüne und SPD gehen die Entscheidung von Schwarz-Gelb zur privaten Pflegevorsorge hart an. Unterstützung bekommt die Opposition vom Sozialverband VdK.

Oppositionspolitiker und der Sozialverband VdK kritisieren den Koalitionsbeschluss zur privaten Pflegevorsorge. "Das ist eine Verschwendung von Steuermitteln. Da wird eine Nullrendite mit hohen Verwaltungskosten bezuschusst", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach der Passauer Neuen Presse. Es handele sich um "klassischen FDP-Lobbyismus zugunsten der Versicherungswirtschaft", sagte Lauterbach.

Bundeskanzlerin Merkel hatte sich beim Koalitionsgipfel mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und FDP-Chef Philipp Rösler darauf geeinigt, künftig Bürger, die eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließen, zu bezuschussen. Der Zuschuss in Höhe von monatlich fünf Euro soll unabhängig vom Einkommen gezahlt werden.

Grünen-Chef Cem Özdemir monierte, mit der geplanten Förderung privater Pflege-Vorsorgeverträge betreibe die Regierung "unverhohlen Klientelpolitik". Statt einer Privatisierung der Pflegeversicherung forderte er im Hamburger Abendblatt "einen Einstieg in eine solidarische Pflege-Bürgerversicherung, in die alle Bürgerinnen und Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen". Özdemir bezeichnete das Ergebnis des Koalitionsgipfels als "faulen Kompromiss". Damit die FDP Ja sage zum umstrittenen Betreuungsgeld, bekomme sie die Förderung der privaten Pflegeversicherung. "Das ist Koalieren nach dem Motto: Für jeden etwas - egal, was es kostet."

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel äußerte sich im Deutschlandfunk ähnlich und bezeichnete den Koalitionsbeschluss als "Kuhhandel" und "schlimmen Vorgang".

Auch die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, kritisierte in der Passauer Neuen Presse: "Die Pflegeversicherung ist das ungeeignetste Objekt für private Vorsorge." Damit die Versicherung bei Pflegebedürftigkeit tatsächlich Lücken schließen könne, müssten sehr hohe Beiträge eingezahlt werden. Geringverdiener könnten sie auch mit staatlicher Hilfe nicht aufbringen. "Es ist sinnvoller, die Pflegeversicherungsbeiträge zu erhöhen", forderte die VdK-Präsidentin.

Beschlussarmer Gipfel

Zu weiteren zentralen Streitfragen gab es beim Koalitionsgipfel keine konkrete Beschlüsse. Die drei Spitzenpolitiker Merkel, Seehofer und Rösler bekräftigten, dass das von der CSU geforderte Betreuungsgeld an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden soll.

Die SPD hofft, das Betreuungsgeld noch über den Bundesrat zu kippen. "Wir werden prüfen, ob dieses Gesetz nicht doch zustimmungspflichtig ist im Bundesrat", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im ARD-Morgenmagazin. Wenn die SPD im kommenden Jahr in Regierungsverantwortung kommen sollte, würde es auf jeden Fall zurückgenommen.

Die Koalitionsspitzen trafen in Berlin keine weiteren Entscheidungen. Ein Koalitionsausschuss soll noch ausstehende Beschlüsse fassen. Er soll noch vor der Sommerpause stattfinden, allerdings steht noch kein Termin fest.

FDP-Chef Rösler äußerte sich nach dem Treffen trotzdem zufrieden. "Wichtig ist, dass wir drei alles das besprochen haben, was wir machen können, um unsere Währung und unseren Wohlstand zu sichern", sagte der Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister. "Da gibt es große Übereinstimmung, dass wir Eurobonds und ähnliche Maßnahmen ablehnen, die den deutschen Steuerzahler belasten."

Rösler bekräftigte seine Forderung, schon zwei Jahre früher als geplant einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu erreichen. "Ich habe unser besonderes Interesse angesprochen, schon 2014 eine schwarze Null im Haushalt zu schreiben und die Schuldenspirale zu stoppen. Da ist die Union aus unserer Sicht noch zu zögerlich."

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/kemp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: