San Francisco:Mutmaßlicher Pelosi-Angreifer plädiert auf nicht schuldig

Lesezeit: 3 min

Der Ehemann von US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi war in San Francisco angegriffen und schwer verletzt worden. Der Anwalt des mutmaßlichen Täters plädiert nun auf nicht schuldig. (Foto: CARLOS BARRIA/REUTERS)

Nach dem Angriff auf Nancy Pelosis Ehemann könnten dem mutmaßlichen Täter bei einer Verurteilung mehrere Jahrzehnte Haft drohen. Laut Gerichtsdokumenten hatte der Mann vor, die Politikerin zu entführen und ihr die Kniescheiben zu brechen.

Nach dem Angriff vergangenen Freitag auf Paul Pelosi, den Ehemann der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi, ist der mutmaßliche Täter am Dienstag (Ortszeit) erstmals vor Gericht erschienen. Sein Anwalt plädierte während der kurzen Anhörung in San Francisco auf nicht schuldig, wie US-Medien übereinstimmend aus dem Gerichtssaal berichteten. Dem 42-Jährigen werden unter anderem versuchter Mord, Einbruch, Misshandlung und Freiheitsberaubung eines älteren Menschen sowie die Bedrohung einer Amtsperson vorgeworfen. Das Gericht entschied, den Mann zunächst zu inhaftieren - ohne die Möglichkeit, auf Kaution freizukommen.

Der Anwalt kündigte an, für die Verteidigung die "Anfälligkeit" seines Mandanten für "politische Fehlinformationen" und seinen geistigen Zustand zu überprüfen. Er verwies auf die von Extremismus-Experten vertretene These, dass Hassreden, die im Internet und von Personen des öffentlichen Lebens verbreitet werden, einige psychisch labile Personen zu politischen Gewalttaten inspirieren könnten.

Paul Pelosi war wenige Tage vor den Parlamentswahlen in den USA im Wohnhaus des Paars in San Francisco angegriffen und schwer verletzt worden. Mitten im aggressiv geführten Wahlkampf war der Täter dort eingebrochen, hatte nach Nancy Pelosi, der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses, verlangt und deren 82 Jahre alten Mann brutal attackiert.

42-Jähriger hatte auch andere Politiker im Visier

Wie aus einem veröffentlichten Gerichtsdokument hervorgeht, hatte der Mann vorgehabt, Nancy Pelosi als Geisel zu nehmen und ihr die Kniescheiben zu brechen. So sagte er es demnach der Polizei. Er habe die Demokratin in den Rollstuhl zwingen wollen, um anderen Kongressabgeordneten zu zeigen, dass ihre "Handlungen Konsequenzen haben". Zudem rechnete der Mann offenbar nicht damit, den Tag des Angriffs zu überleben. Er habe der Polizei gesagt, er sei auf einer "Selbstmordmission" gewesen, wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht. Auch habe er Paul Pelosi "wirklich nicht verletzen" wollen, aber es sei ein "Selbstmordkommando" gewesen.

Bezirksstaatsanwältin Brooke Jenkins sagte dem Sender CNN, der Angreifer habe neben Nancy Pelosi auch andere Politiker im Visier gehabt. "Es gab noch andere Amtsträger, die offenbar sein Ziel waren, offensichtlich tauchte er zuerst am Haus der Sprecherin des Repräsentantenhauses auf", sagte sie.

Anzeichen eines gestörten Individuums

In einem separaten Verfahren auf Bundesebene werden dem mutmaßlichen Täter die versuchte Entführung einer Amtsperson und die Körperverletzung eines Familienmitglieds einer Amtsperson vorgeworfen. Ihm könnten bei einer Verurteilung laut US-Justizministerium mehrere Jahrzehnte Haft drohen.

Nach Angaben der New York Times führt der 42-Jährige ein unstetes Leben. Es gebe Anzeichen eines gestörten Individuums und wachsende Anzeichen von politisch geschürtem Hass, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Berichte von Menschen, die den Mann kennen. Außerdem schreibt die New York Times: "Menschen, die ihn zu verschiedenen Zeitpunkten seines Lebens gekannt haben, beschreiben ihn als schüchternen Menschen, der die Welt verbessern wollte, aber auch als jemanden, dessen Leben aus dem Ruder zu laufen schien und dessen Verhalten zuweilen seltsam, ja sogar verstört wirkte."

Tat heizt Wahlkampf in den USA an

Der Überfall auf die Pelosis hat gut eine Woche vor den Zwischenwahlen am 8. November Ängste vor extremistischer Gewalt geschürt. Es werden gut ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt.

Einzelne Republikaner nutzten den Angriff für Spott im Wahlkampf. Die Republikanerin Kari Lake etwa sprach bei einem Wahlkampfauftritt über den Schutz von Schulen vor Angreifern und scherzte in dem Zusammenhang über die Attacke auf Pelosis Mann Paul. Lake, die sich bei den anstehenden US-Wahlen am 8. November um das Gouverneursamt in Arizona bewirbt, argumentierte, wenn Politiker und Abgeordnete geschützt würden, müsse das auch für Kinder gelten. "Nancy Pelosi - nun ja, sie wird beschützt, wenn sie in D.C. ist", sagte Lake und schob nach: "Offensichtlich wird ihr Haus nicht besonders gut geschützt." Das Publikum reagierte mit Gelächter.

Zuvor hatte bereits der republikanische Gouverneur des Bundesstaates Virginia, Glenn Youngkin, bei einem Wahlkampfauftritt Bezug auf Nancy Pelosi und deren Ehemann genommen und gesagt: "Es gibt nirgendwo Platz für Gewalt - aber wir werden sie zurückschicken, damit sie mit ihm in Kalifornien sein kann." Die Republikaner haben aktuellen Umfragen zufolge gute Chancen, bei der Wahl die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erobern. Der Angriff verstärkte in den USA die Angst vor politisch motivierter Gewalt. Präsident Joe Biden zog eine Verbindung zur Rhetorik der Republikaner um seinen Vorgänger Donald Trump.

Die Kapitol-Polizei in Washington fordert derweil wegen der aufgeheizten Stimmung im Land zusätzliche Schutzmaßnahmen für die Abgeordneten und Senatoren. Angesichts des gegenwärtigen politischen Klimas in den USA müssten mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um Kongressmitglieder besser schützen zu können, erklärte Tom Manger, Chef der für den Schutz des Parlamentsgeländes zuständigen Polizei-Einheit. Landesweit würden die Behörden Tausenden Fällen nachgehen, um potenziellen Bedrohungen Einhalt zu gebieten. Eine Präsidialamtssprecherin sagte, die Regierung nehme die Warnung sehr ernst.

© SZ/dpa/Reuters/dta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMidterms in den USA
:Wie Michigans Frauen für ihr Recht auf Abtreibung kämpfen

Schwangerschaftsabbrüche sind ein zentrales Thema bei den US-Zwischenwahlen, in Michigan wird sogar in einem Referendum darüber abgestimmt. Wählerinnen in den Vororten sollen den Demokraten ein Desaster ersparen.

Von Peter Burghardt

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: