Parteitag der Linken:Ein bisschen Burgfrieden

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Parteitag 2013: Die Linke berät in Dresden über ihr Wahlprogramm. (Foto: dpa)

Auf ihrem Parteitag in Dresden feiert die Linke ein Jahr Burgfrieden. Die neuen Vorsitzenden Kipping und Riexinger haben die Partei zuletzt zur Ruhe gebracht. Jetzt will sie sich ein Wahlprogramm geben, das innerparteiliche Gräben nicht aufreißt. Nicht nur der Euro bietet Stoff für Streit.

Von Daniel Brössler, Berlin

Wenn sich die Linke an diesem Freitag in Dresden zum Parteitag versammelt, geht es darum, ein Wahlprogramm zu verabschieden. Inoffiziell begeht sie aber auch ein Jubiläum: ein Jahr Burgfrieden. Im Juni 2012 beim Göttinger Parteitag hatten die Genossen noch hemmungslose Machtkämpfe zelebriert und die Spaltung riskiert. Seitdem haben die damals überraschend gewählten Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger Ruhe in die Partei gebracht und eine Stabilisierung in den Umfragen bei sechs bis neun Prozent bewirkt. Nun streben sie die Mobilisierung für den Bundestagswahlkampf mit einem Programm an, das die Linke klar jenseits von Rot-Grün positioniert und dabei innerparteiliche Gräben nicht aufreißt.

So wird im Programmentwurf mit dem Titel "100 Prozent Sozial" ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent, eine "Reichensteuer" auf Einkommen von über einer Million Euro, eine Anhebung des Hartz IV-Satzes auf 500 Euro "im ersten Schritt", eine Mindestrente von 1050 Euro, eine "solidarische Bürgerversicherung", der Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen sowie ein Verbot von Waffenexporten gefordert. Die meisten der Forderungen sind in der Partei relativ unumstritten. Streitthemen zeichnen sich dennoch ab, etwa in der Europapolitik.

Im Entwurf des Parteivorstandes wird zwar der Bundesregierung vorgeworfen, die Krise in Europa verschärft und die Krisenstaaten destabilisiert zu haben. Moniert wird auch die Konstruktion der Europäischen Union, in der Sozialstandards keine ausreichende Rolle spielten. Klar festgestellt wird aber auch, dass die Linke nicht für ein Ende des Euro eintrete. Nach Äußerungen des früheren Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine zur Rückkehr in ein europäisches Währungssystem mit nationalen Währungen wird nun aber aus den Reihen der Parteilinken ein euro-kritischerer Ton verlangt. Die vor allem ostdeutschen Reformer brachten im Gegenzug Anträge ein, die eine stärkere Bejahung der Europäischen Union zum Ziel haben.

Der Ost-West-Konflikt dürfte wieder spürbar werden

Einen zu erwartenden Konflikt um den Stellenwert ostdeutscher Interessen im Wahlprogramm versuchte der Parteivorstand im Vorfeld zu entschärfen, indem er einen gemeinsamen Antrag ostdeutscher Linken-Politiker übernahm, in dem ein "Erfahrungs- und Kompetenzvorsprung im Umgang mit sozialen und regionalen Ungleichheiten" der Menschen in den neuen Bundesländern gewürdigt wird. Ausdrücklich ist die Rede davon, dass die Linke sich nach wie vor als "Interessenvertretung der Ostdeutschen" verstehe. Beim Göttinger Parteitag war noch ein innerparteilicher Ost-West-Konflikt eskaliert. Der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi hatte sich veranlasst gesehen, "Hass" in der Bundestagsfraktion zu beklagen. Die Rede wurde damals als offener Bruch mit Lafontaine verstanden.

Der Grundkonflikt zwischen der überwiegend radikaleren West-Linken und der pragmatischen Ost-Linken mit Volkspartei-Anspruch dürfte jedoch auch in Dresden spürbar werden. So kommen insbesondere aus dem Westen Forderungen wie die nach einer "sanktionsfreien Mindestsicherung" in Höhe von 1050 Euro. Ost-Genossen wiederum warnen vor Übertreibung in der Steuerpolitik, zumindest was die Besteuerung von Betriebsvermögen angeht. Insgesamt wurden mehr als tausend Änderungsanträge eingereicht. Der Parteitag dauert bis Sonntag.

© SZ vom 14.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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