Parteien:Bündnis Sahra Wagenknecht: „Wir wollen keine Linke 2.0 sein“

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Fabio de Masi (l) und Sabine Zimmermann, ehemalige Bundestagsabgeordnete, unterhalten sich. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) etabliert sich derzeit eine neue Kraft im politischen Spektrum. Dem BSW werden durchaus Chancen eingeräumt, in Kommunal- und Landesparlamente einzuziehen.

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Dresden (dpa/sn) - Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verspürt nach den Worten ihrer sächsischen Koordinatorin Sabine Zimmermann viel Resonanz. „Es gibt eine Aufbruchstimmung. Viele Menschen legen eine Hoffnung in uns, dass wir etwas verändern können. Wir können aber nur etwas verändern, wenn wir stark werden“, sagte die langjährige Bundestagsabgeordnete im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Politik in Bund und Ländern sei eingefahren und habe nicht mehr den Menschen im Mittelpunkt stehen. „Wir müssen etwas verändern, so kann es nicht weitergehen.“

Zimmermann zufolge versteht sich das Bündnis aber nicht als Fortsetzung der Linkspartei, von der man sich im Herbst 2023 ablöste. „Wir wollen keine Linke 2.0 sein.“ In den Reihen des BSW seien aber viele frühere Linke dabei, die schon Erfahrungen aus Kommunalparlamenten haben. Zudem gebe es viele neue Mitstreiter ohne politische Erfahrung. „Sie werden frischen Wind in die Parlamente mitbringen.“ Man sei „linkskonservativ“ und betrachte die Linken nicht als politischen Gegner. Allerdings spüre man bei den Linken im Zusammenhang mit dem BSW eine gewisse Hilflosigkeit.

„Wenn alte Genossinnen und Genossen, die jetzt die Linke verlassen wollen, angefeindet werden, ist das bedenklich. Denn es geht um Leute, die viele Jahre für die Partei gekämpft haben. Sie haben am Wahlstand gestanden und die Partei vor Ort repräsentiert. Die Linke hat sie gebraucht, nicht umgekehrt“, sagte Zimmermann. Man werde aber jetzt nicht nachtreten. Es sei jedoch traurig, welchen Weg diese Partei eingeschlagen habe. Als man sich 2007 mit der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) zusammenschloss, sei man nah am Bürger dran gewesen: „Die Linke ist heute nicht mehr nah am Bürger.“

Zimmermann ließ offen, ob sie selbst an exponierter Stelle etwa für die Partei in Sachsen in Erscheinung treten wolle. Zunächst müsse man die Strukturen hinbekommen. „Wir brauchen Fachkompetenz und Geld, um das alles zu finanzieren. Meine persönliche Hoffnung und auch unsere historische Verantwortung sehe ich darin, den Höhenflug der AfD zu brechen. Das ist mir sehr wichtig.“ Die AfD sei eine rechtsextremistische Partei, es gebe viele Bezüge zu den 1930er Jahren. Die Erwartungen der Menschen in das neue Bündnis seien auch in dieser Beziehung groß: „Ich denke, dass wir sie erfüllen werden.“

Mit dem Aufbau der Partei in Sachsen zeigte sich Zimmermann zufrieden. Sie ist mit diesem Auftrag auch in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. In Werdau sei die Stadtratsfraktion der Linken schon am 30. November komplett zum BSW gewechselt, auch in Zwickau und Riesa hätten Teile der Linken den Wechsel vollzogen. „Es läuft in Sachsen ganz gut. Ich bin zufrieden. Wir sind aber total unter Zeitdruck. Die Deadline für die Kommunalwahl ist am 4. April. Mitte März müsse man alles fertig haben. Bis dahin müssen ein Landesverband gegründet, Listen erstellt und Unterschriften gesammelt werden.“

In Sachsen besteht das erklärte Ziel des BSW darin, bei der Kommunalwahl am 9. Juni und der Landtagswahl am 1. September anzutreten. Bei der Kommunalwahl werde man allerdings noch nicht überall in Erscheinung treten können, sagte Zimmermann. „Wir wollen aber die Kreistagswahlen absichern und in den größeren Städten präsent sein. Wir werden überall dort antreten, wo wir wissen, dass bereits gute Arbeit geleistet wird.“ Es gebe sehr viele Anfragen zu einer Mitgliedschaft beim BSW. „In Berlin stehen Tausende vor der Tür, die Mitglied werden oder das Bündnis unterstützen wollen.“

Zimmermann bat Interessenten um etwas Geduld. „Wir können auch nur 24 Stunden arbeiten. Der Andrang ist groß. Das ist aber auch das Schöne, dass viele Leute mitmachen wollen. Wir sind keine Partei, in die man mit einem Doppelklick eintreten kann. Wir nehmen uns Zeit und reden erst einmal mit allen. Wir wollen nur Leute, die zu uns passen, und keine Reichsbürger oder AfD-Anhänger“, sagte die Koordinatorin. Deshalb lege man Wert auf entsprechende Aufnahmeverfahren. Auch in Sachsen gebe es Hunderte Interessenten. Dabei sei die ganze Breite der Gesellschaft vertreten.

„Bei uns wollen die Krankenschwester und der Altenpfleger genauso mitmachen wie der Unternehmer, Betriebsrat und viele Kulturschaffende“, betonte Zimmermann. Es gehe um Menschen, deren Anliegen in den vergangenen Jahren in den Parlamenten keine Rolle mehr gespielt hätten. „Dort ist keine Politik für die Bürger dieses Landes gemacht worden, sondern nur für ein bestimmtes Klientel. Das soll bei uns anders sein. Wir möchten Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft ansprechen von den Rentnerinnen oder Rentnern bis hin zum Kfz-Mechaniker. Das ist das Besondere an unserer Partei.“

© dpa-infocom, dpa:240124-99-727504/3

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