Pakistan:Fingerzeig an die Politik

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Armeechef Sharif will härter gegen Korruption vorgehen. Viele lesen das als Signal an den Premier. Der steht wegen der Panama Papers unter Druck.

Von Arne Perras, Singapur

Die Pakistaner reiben sich noch immer die Augen. Haben sie es hier mit einem ganz neuen Aufklärungseifer zu tun? Oder ist es das üblich Intrigenspiel? Zuerst forderte der mächtige Armeechef Raheel Sharif ein Ende der Korruption, um den Terrorismus zu bekämpfen - eine Formulierung, die man sonst eher von Organisationen wie Transparency International hört. Zwei Tage später wurde bekannt, dass der Militärchef wirklich durchgreift. Demnach feuerte er mindestens ein halbes Dutzend hochrangige Offiziere, darunter zwei Generäle. Das hat es, soweit sich die Pakistaner erinnern können, in ihrem Land noch nie gegeben. Meist verlaufen Korruptionsskandale in dem von Vetternwirtschaft durchzogenen Staat einfach im Sand.

Für den Premier kommt dieser interne, aber keineswegs verdeckte Rundumschlag des Militärs allerdings zu einer denkbar schlechten Zeit. Nawaz Sharif, der den Nachnamen mit dem Armeechef teilt, aber nicht mit ihm verwandt ist, steht unter wachsendem Druck. Und das jüngste Durchgreifen des Armeechefs gilt vielen als indirekte Aufforderung an das politische Establishment, endlich auch mal in den eigenen Reihen aufzuräumen.

Solche Forderungen hatten zuletzt einen Schub durch die Panama Papers erhalten, die der SZ zugespielt worden waren. Sie zeigten, dass zwei Kinder des Regierungschefs, denen teure Immobilien in London gehörten, mit Briefkastenfirmen operierten. Der Premier weist jeden Verdacht, er oder seine Familie könnte sich auf unehrliche Weise bereichert haben, zurück. In einer Ansprache an die Nation griff er seine Kritiker am Freitagabend scharf an. "Ich fordere all diejenigen auf, die etwas von Steuerbetrug behaupten, sich zu melden und Beweise vorzulegen", sagte Sharif. Falls sich auch nur eine der Anschuldigungen gegen ihn als wahr erweisen sollte, werde er zurücktreten, versprach der Premier. Sharif kündigte an, eine Untersuchungskommission einsetzen zu wollen, um die aus den Panama Papers resultierenden Vorwürfe zu überprüfen. Alle wissen, dass die Sharifs als Unternehmer großen Reichtum erworben haben. Forbes schätzt das Vermögen des Premiers auf 1,4 Milliarden Dollar. Noch reicher ist der frühere Präsident Asif Ali Zardari, Witwer der ermordeten Benazir Bhutto. Beide Familien haben sich als Dynastien im Land festgesetzt und wechseln sich in der Regierung ab. Sharif hat schon viele Versuche seiner Gegner überstanden, ihn von der politischen Bühne zu fegen. Einige Jahre verbrachte er im Exil, nachdem sich der frühere Armeechef Pervez Musharraf an die Macht geputscht hatte. Doch dann fiel der General, und Sharif wurde 2013 schließlich erneut Premier.

General Raheel Sharif in Islamabad. (Foto: AFP)

Armeechef Raheel Sharif spielt in der Außenpolitik eine bestimmende Rolle und wird eher als Gegenspieler denn als Verbündeter des Premiers eingestuft. Dass er eine Rechenschaftspflicht "quer durch alle Reihen" forderte, gilt als Seitenhieb gegen die politische Klasse. Doch sein Schritt hat natürlich auch für die Armee Folgen. Es gab immer wieder Vermutungen, dass Soldaten in Schmuggelgeschäfte verwickelt sein könnten. Was den nun in den Ruhestand versetzten Offizieren genau vorgeworfen wird, war nicht bekannt. Die Entlassungen wurden zunächst nicht offiziell mitgeteilt, sondern waren den Medien aus Sicherheitskreisen zugespielt worden.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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