Pakistan:Schwere Vorwürfe

Lesezeit: 2 min

Die Regierungspartei will das Wahlergebnis nicht akzeptieren. Nach ersten, inoffiziellen Resultaten lag sie hinter der PTI-Partei von Imran Khan zurück.

Von Tobias Matern, München

Die Armee hatte mehr als 350 000 Soldaten abgestellt, um die Wahllokale zu sichern. (Foto: Anjum Naveed/AP)

Pakistans Regierungspartei PML-N will das Ergebnis der Parlamentswahl nicht hinnehmen. Nach ersten, inoffiziellen Resultaten lag sie hinter der PTI-Partei des früheren Kricket-Stars Imran Khan zurück. Obwohl die Auszählung in der Nacht zu Donnerstag noch andauerte, wetterte der Spitzenkandidat der PML-N bereits über Twitter, es liege ein massiver Wahlbetrug vor. Seine Partei weise das Ergebnis "vollständig zurück", teilte Shahbaz Sharif mit. Die PML-N, so scheint es, will offenbar die Konfrontation mit dem mächtigen Militär des Landes suchen, das sich Khan als neuen Premierminister wünscht. Die Wahlkommission hatte bis zum späten Abend keine Ergebnisse veröffentlicht.

106 Millionen Wähler waren am Mittwoch aufgerufen, das nationale Parlament und die Provinzparlamente des Atomstaates neu zu besetzen. Überschattet wurde der Wahltag von einem Anschlag in der Provinzhauptstadt Quetta. Mindestens 30 Menschen starben, als sich ein Selbstmordattentäter vor einem Wahllokal in die Luft sprengte. Zu dem Anschlag bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Bereits im Wahlkampf hatte die pakistanische Menschenrechtskommission davor gewarnt, dass die Armee die Wahl massiv beeinflussen könnte. Die mächtigen Generäle scheinen auf Khan als neuen Premierminister zu setzen, er hat sich im Wahlkampf lobend über den Armeechef geäußert. Seit gut 20 Jahren versucht sich Khan, der im Jahr 1992 als Kapitän der Kricket-Weltmeistermannschaft ganz Pakistan in Ekstase versetzte, als Politiker. Dieses Mal könnte ihm der Sprung an die Spitze der Regierung gelingen. Khan wettert gegen Amerika und sucht die Nähe zu religiösen Hardlinern. Er betont, im von Vetternwirtschaft geprägten Pakistan einen strikten Antikorruptionskurs fahren zu wollen. Mit diesem Versprechen findet er vor allem bei jungen Wählern Gehör, die in der muslimischen Nation die Mehrheit stellen. Doch wie er die lahmende Wirtschaft ankurbeln und den Extremismus bekämpfen will - dazu bleiben seine Aussagen vage.

Dass die PML-N an der Rechtmäßigkeit des Ergebnisses zweifelt, noch bevor alle Stimmen ausgezählt sind, könnte nun dazu führen, dass Pakistan eine Hängepartie bei der Bildung einer neuen Regierung bevorsteht. Denkbar ist auch, dass die PML-N ihre Anhänger aufrufen wird, gegen das Ergebnis auf die Straßen zu gehen.

Das Verhältnis zwischen Militär und PML-N ist angespannt. Im vergangenen Jahr hatte ein Gericht mit Duldung des Militärs Premierminister Nawaz Sharif nach Veröffentlichungen in den sogenannten Panama Papers entlassen. Die Richter beriefen sich auf eine Passage in der Verfassung, mit deren Hilfe unehrliche Politiker ihr Amt verlieren können - ein dehnbares Gesetz, das der Willkür Tür und Tor öffnet.

Die Armee hatte am Wahltag mehr als 350 000 Soldaten abgestellt, um die Abstimmungslokale zu sichern. Vertreter der Zivilgesellschaft hielten es auch für denkbar, dass das Militär so Einfluss auf den Ausgang der Abstimmung nehmen wollte. Und so ließen sich auch die Anschuldigungen der PML-N am Abend interpretieren: Parteimitglieder seien von der Auszählung der Wahlzettel ausgeschlossen worden, kritisierte Shabhaz Sharif.

Sein Bruder, Ex-Premier Nawaz Sharif, war vor der Wahl verhaftet worden, um die Strafe aus dem Gerichtsurteil abzusitzen. Für die dynastisch geführte PML-N soll nun Shahbaz Sharif die Fehde mit den Generälen für den Clan entscheiden. Seine Äußerungen am Donnerstagabend deuteten darauf hin, dass er den Kampf aufnehmen will.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: