OSZE-Gipfel in Astana:Zähe Feindbilder

Früher gab es klare Allianzen in Europa - jetzt hat jeder Staat seine eigenen Sicherheitsvorstellungen. Beim OSZE-Gipfel in Astana brechen alte Fronten wieder auf und es zeigt sich: Russland ist nach wie vor Feindbild.

Sonja Zekri

Der Weg zum Weltfrieden sah schon einmal übersichtlicher aus. Als die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit vor 35 Jahren gegründet wurde, war Europa noch sauber geordnet in Ideologien und Allianzen, in Gut und in Böse. Heute konkurrieren auf dem Kontinent fast so viele Sicherheitsvorstellungen wie es Staaten gibt, und der OSZE ist dies fast zum Verhängnis geworden.

Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew läuft beimOSZE-Gipfel in Astana an den Flaggen der Mitgliedsstaaten vorbei. Mehr Sicherheit wünscht sich der Kreml am liebsten unter russischer Regie. (Foto: dpa)

Georgien und Russland sind Mitglieder der OSZE - dennoch konnte die Organisation den Krieg um Südossetien nicht verhindern. Bis heute verdächtigt Russland die OSZE, westliche Interessen über Menschenrechtspolitik durchzusetzen, und Sicherheit wünscht sich der Kreml am besten unter russischer Regie. Amerika und Europa hingegen klagen mehr Kompromissbereitschaft bei zählebigen Kleinkonflikten in Transnistrien oder Nagornyj-Karabach ein und sehen Sicherheit und Stabilität einzig als Belohnung für Freiheit und Demokratisierung. Dass sich die Widersprüche in Astana beim ersten OSZE-Gipfel seit elf Jahren gleich auflösen würden, glaubte niemand. Das Treffen der 56 OSZE-Staaten hat denn auch wenig mehr geleistet, als einen Blick in die Gräben zu erlauben.

Die Nato hat Jahre gebraucht, um ihr Konzept an die Realität nach dem Ende der Sowjetunion anzupassen und sich von Russland als Feindbild zu verabschieden. Die OSZE hat es noch schwerer. So manche ihrer Mitglieder fürchten nicht den Gegner außerhalb des Bündnisses, sondern im eigenen Staat. Da konnte der kasachische Gipfel nie mehr sein als der Anfang einer Debatte. Doch selbst diese blieb aus. Wie die Dinge liegen, hat Astana das Absinken der OSZE in die Bedeutungslosigkeit bestenfalls ein wenig aufgehalten.

© SZ vom 02.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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