Omar Suleiman im Porträt:Mubaraks Mephistopheles will Präsident werden

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Er galt als "Mubarak, der Zweite" und war nach dem Sturz seinen Mentors für einen Tag erster Mann im Staat. Jetzt will der frühere Geheimdienstchef Omar Suleiman Ägyptens Präsident werden - und erhält umgehend Todesdrohungen von den Muslimbrüdern.

Sonja Zekri, Kairo

Er hat ja schon einmal über Ägypten geherrscht, für wenige, wenn auch unvergessliche Stunden. Während auf dem Tahrir-Platz der Volksaufstand wogte, hatte der wankende ägyptische Präsident Hosni Mubarak seinen Geheimdienstchef Omar Suleiman erst zum Vizepräsidenten gemacht, dem ersten Ägyptens seit 30 Jahren, und ihm dann alle Vollmachten übertragen. Es war der 10. Februar 2011. Einen Tag später fegten die Generäle das Regime hinweg - und um Suleiman, den mächtigsten Mann des alten Regimes, der jahrelang ganz offiziell als Nachfolger gehandelt wurde, ward es still.

War schon einmal erster Mann im ägyptischen Staat: Omar Suleiman. (Foto: dpa)

Mubaraks Minister, seine Söhne, selbst der einstige Staatschef persönlich wurden in Käfigen vor Gericht vorgeführt, wenn auch selten verurteilt. Nur Suleiman war unantastbar, als spare ihn jemand auf zur besonderen Verwendung. Dabei war Suleiman, 75, geboren im oberägyptischen Qena, einer Hochburg der radikalen Islamisten in den neunziger Jahren, ausgebildet in Amerika und der Sowjetunion, aufs Engste mit dem Regime verflochten.

Er hatte Mubarak seit 1993 als Geheimdienstchef gedient und ihm bei einem Anschlag in Äthiopien das Leben gerettet. Und Suleiman hatte den Kampf gegen die militanten Islamisten geführt, war nach 2001 Washingtons Vertrauter im Kampf gegen den Terrorismus geworden. Menschenrechtsorganisationen warfen seinen Männern, einige ihm persönlich, Folter und Missbrauch vor, der Westen aber schätzte seine Behörde als einen der bestinformierten Dienste über Al-Qaida.

Die US-Botschaft nannte die Zusammenarbeit mit Suleiman 2006 laut einer Wikileaks-Veröffentlichung "vielleicht das erfolgreichste Element" der amerikanisch- ägyptischen Beziehungen. Suleiman, der "General", der im Jemen, aber auch 1967 und 1973 gegen Israel gekämpft hatte, war einer der wichtigsten Vermittler im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern.

Alles zusammengenommen erklärt, warum israelische Abgeordnete applaudierten, die ägyptische Muslimbruderschaft aber tobte, als Suleiman nun entgegen einem vorher gegebenen Versprechen erklärte, er werde nun doch als Präsidentschaftskandidat antreten. Dem Wunsch seiner Anhänger könne er sich nicht verweigern.

Nur Stunden vor Schließung des Registrierungsbüros präsentierte er plötzlich nicht nur die erforderlichen 30.000 Unterschriften, sondern nach Angaben seiner Anhänger sogar dreimal so viel. Nach einem Jahr politischer Unruhe und den Triumphen der Islamisten erscheint manchen, auch vielen Christen, Mubaraks Mephistopheles als das kleinere Übel.

In einem ersten Interview teilte Suleiman mit, dass er, der als "Mubarak, der Zweite" gegolten hatte, das alte System nicht "neu erfinden" werde, dass sich die Uhr nicht zurückdrehen lasse - und dass er Todesdrohungen von den Muslimbrüdern erhalte. Diese sehen in Suleiman gleichzeitig den Handlanger der Islamistenverfolgung unter Mubarak und den Kandidaten der herrschenden Generäle gegen ihre eigenen Anwärter. Einzig durch Fälschungen könnte Suleiman an die Macht gebracht werden, warnten die Islamisten - dann aber breche eine neue Revolution aus.

© SZ vom 10.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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