Österreich:Die Schöne und das Monster der Kunstgeschichte

Lesezeit: 7 min

Patti Smith wird Mitte Juni am Landestheater in Bregenz auftreten. Es wird ein Musiktheaterabend werden über Liebe, Freundschaft und zwei herausragende Künstler: über Robert Mapplethorpe und eben über sie, Patti Smith. (Foto: Imago/Imago)

Eine famose Patti Smith in Bregenz, die Malerfürsten Klimt, Stuck und Liebermann im Wien Museum, Ausflüge nach Bratislava und Prag - und natürlich die Fußball-EM mit einem unschlagbaren Team aus Österreich: Worauf sich SZ-Autorinnen und SZ-Autoren im Jahr 2024 freuen.

Das neue Jahr ist noch jung, die traurigen Schlagzeilen, siehe Naher Osten oder Ukraine, sind geblieben. Es gibt aber Dinge, die mit Vorfreude auf 2024 blicken lassen. Sei es in der Kultur, im Sport - oder bei einem lange aufgeschobenen Ausflug.

Patti Smith in Bregenz

Sie veröffentlichte stilbildende Platten, von denen die wenigsten ein kommerzieller Erfolg wurden; sie gilt als eine der Erfinderinnen des Punks, und fühlt sich am wohlsten in ihrer atemlosen, politischen Poesie; sie kennt und kannte Künstler, Musiker und Dichter, und doch war da vor allem einer, der ihr Lebensmensch wurde. Patti Smith ist immer noch auf Tour, Robert Mapplethorpe, der berühmte Fotograf, lebt schon lange nicht mehr. Ihrer beider Liebe wird einem nun im Theater begegnen, in Bregenz, am Landestheater Vorarlberg. Dort hat Mitte Juni "The perfect moment" Premiere, ein Musiktheaterabend über Liebe, Freundschaft und zwei herausragende Künstler.

Da freuen wir uns drauf, nicht nur wegen der 70er-Jahre-Musik und den beiden, um die es geht, sondern auch wegen der beiden, die hinter dem Projekt stehen. Danielle Fend-Strahm und Tobias Fend sind auch ein grandioses Künstlerpaar; zusammen machen sie als Café Fuerte seit vielen Jahren Theater an seltsamen Orten, in Schwimmbädern oder Seilbahngondeln, bauen auch mal im Winter ein Zelt auf dem Dorfplatz auf. Sie erfindet den Bühnenzauber, er liefert den Text und zusammen mit einigen ihrer Lieblingsmenschen erobern sie im Sommer das Bregenzer Theater. Egbert Tholl

Klimt, Stuck und Liebermann

Das Gemälde "Die Sünde" von Franz von Stuck wird im Wien Museum zu sehen sein. (Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Nat)

Wie drückt sich eine neue Zeit aus? Zumindest für die Vergangenheit kann man das festmachen, und zwar aufs Schönste, zumindest, wenn man bei der Suche nach einer Antwort seinen Fokus auf die Kunst legt (was weniger elfenbeinturmmäßig ist, als es vielleicht auf den ersten Blick wirken mag, schließlich waren die Künste schon immer Treiber für Neues). Ende des 19. Jahrhunderts kann man dann etwa bei "Klimt, Stuck, Liebermann" landen, drei Malerfürsten, die jeweils für sich einen Aufbruch in eine neue Zeit reklamierten und die alle drei ihren Weg in die Moderne mit Hilfe der "Secession" fanden. Der Kraft dieser Bewegung wird sich die Ausstellung " Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann " im neuen Wien Museum von Mai an widmen. So sehr man sich auf die Werke von Gustav Klimt - der für die Wiener Secession in seinem "Beethovenfries" immerhin das herrlichste Monster der Kunstgeschichte schuf -, Franz von Stuck und Max Liebermann freuen kann, interessant wird die Ausstellung vor allem auch dadurch, dass sie die Sprengkraft dieser Bewegung beleuchtet und aufzeigt, was sie lokal zwischen Berlin, München und Wien unterschied, aber auch, was sie einte. Gut möglich, dass man nach dieser Schau eine Ahnung bekommt, was der Gegenwart gerade fehlt. Laura Weißmüller

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Schifffahrt nach Bratislava

Bratislava, die Hauptstadt der Slowakei, ist von Wien aus per Donau-Schifffahrt in anderthalb Stunden erreichbar. (Foto: Imago/Imago)

Ich lebe jetzt, alles in allem, das neunte Jahr in Wien, das als Knotenpunkt für meine zahlreichen Dienstreisen nach Mittelosteuropa ein perfekter Ausgangspunkt ist. Und habe doch definitiv bislang einen strategischen wie emotionalen Fehler begangen: Ich habe das nähere und weitere Umland vernachlässigt. Bratislava am Fuße der Kleinen Karpaten ist per Schiff auf der Donau in anderthalb Stunden erreichbar, Brünn mit seiner spektakulären Bauhaus-Architektur per Zug ebenfalls. Prag, die Schöne, schafft man mit dem Zug in vier, und Graz, die romantische Landeshauptstadt der Steiermark, in gerade mal zweieinhalb Stunden.

Wien ist großartig, aber ebenso großartig ist seine Lage. Und in den vergangenen Jahren habe ich, wenn ich mich privat hinausbewegt habe aus der Stadt, meist die kurzen Wege zu Weinbergen und Wandergebieten gesucht. Da geht mehr, denke ich, zumal, wenn man an akuter Flugscham leidet und kleine Trips mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorzieht. Sie finden, ich klinge wie eine Tourismus-Kauffrau? Mag sein, aber als Vorfreuden-Managerin in eigener Sache freue mich im kommenden Jahr auf kleine Fluchten raus aus der Metropole. Denn nach dem Wegfahren ist das Zurückkommen umso schöner. Cathrin Kahlweit

Donauinselfest

Ein bisschen ist das Donauinselfest für die Wiener, was die Wiesn für die Münchner ist: Manche fiebern das ganze Jahr darauf hin, andere fliehen an jenem Wochenende aus der Stadt. Drei Millionen Menschen überrennen dann an drei Tagen im Juni die sehr lange, aber sehr schmale Donauinsel. Der Massenandrang hat sicher damit zu tun, dass nahezu jeder Musikgeschmack auf einer der vielen Bühnen bedient wird. Es gibt wenige andere Festivals, auf denen RAF Camora gleich neben Bonnie Tyler auftritt, und bestimmt auch wenige, bei denen man zwischendrin einfach mal ins Wasser springen kann. Dazu kommt, dass die Gaudee nichts kostet - der Rechnungshof mag das anders sehen, aber für den normalen Besucher ist es extrem praktisch, dass die von der SPÖ regierte Stadt Wien das von der SPÖ veranstaltete Fest generös bezuschusst. Wir waren lange nicht mehr da, 16 Jahre, aber jetzt haben wir den Studienkollegen von damals etwas übermütig versprochen, dass wir 2024 wieder mit am Start sind. Wir wissen noch gar nicht, wer auftritt, aber ein paar solide gealterte Austropopper werden schon dabei sein. Wir haben auf der Insel Wolfgang Ambros gehört, Willi Resetarits (RIP), S.T.S. und 2007 Rainhard Fendrich, als er für seinen Freund Georg Danzer auf der Bühne stand, der zwei Tage zuvor gestorben war. Die Österreicher um uns herum haben geheult, dass der Wasserstand der Donau gestiegen ist, und völlig ausschließen wollen wir nicht, dass auch ein bayerisches Tränchen miteingeflossen sein könnte. Sterben soll dieses Jahr bitte niemand, aber sonst darf es gern genauso werden, wie es früher einmal war. Roman Deininger

Fußball-EM

Teamchef Ralf Rangnick wird dafür sorgen, dass Österreichs Nationalmannschaft das EM-Finale erreichen wird. Mindestens. (Foto: Imago/Imago)

Es war alles so schön angerichtet: Die Piefkes im November 2:0 besiegt, nein: überrannt, gedemütigt, in den Staub geschmissen. Die EM-Qualifikation mit links erledigt - mit einer großartigen Mannschaft, wie man sie seit 1931 (Wunderteam!) und 1978 (Cordoba!) nicht mehr hatte. Und das Ganze angeleitet von einem Trainer, den Funktionäre und Journalisten bei dessen Teamchef-Vorstellung "Racknick" nannten, obwohl er Rangnick heißt und schon weltweit (Manchester, Leipzig und Backnang) sehr erfolgreich gearbeitet hat. Ralf Rangnick also spendete den Österreichern sehr viel Hoffnung für die Fußball-Europameisterschaft 2024 in - ausgerechnet - Deutschland, seinem Heimatland. Wird da wirklich mehr drin sein als bloß das Viertel- oder gar Halbfinale? Dachte man. Bis Mitte Dezember sozusagen das Kreuzband der Fußball-Nation riss - jenes von David Alaba, dem Defensiv-Matador von Real Madrid, einem der besten Fußballspieler, den Österreich je hervorgebracht hat (der aber natürlich nicht so genial ist wie Hans Krankl - das muss eingefügt werden, weil Krankl in dieser Hinsicht bekanntlich etwas empfindlich ist). Alaba wird die EM vermutlich, nein: wahrscheinlich nicht spielen können. Das ist, als müsste ein Orchester ohne den Dirigenten auskommen. Wir freuen uns trotzdem wahnsinnig auf die EM, denn das Orchester - Arnautovic!, Schlager!, Gregoritsch! - ist auch ohne Alaba eine Augenweide. Und Racknick ... äh Rangnick ..., dieser Tüftler aus Backnang, hat sicher schon einen Plan B, wie Österreich auch ohne seinen verletzten Helden furios ins EM-Finale stürmen wird. Mindestens. Gerhard Fischer

SZ PlusRalf Rangnick im Interview
:"Ich bin halber Österreicher"

Mit Ralf Rangnick als Trainer ist bei Österreichs Nationalelf die Euphorie zurück. Nun trifft sie auf Deutschland mit Julian Nagelsmann. Gespräch über große Pläne eines kleinen Landes, über Alaba und Córdoba - und seinen EM-Hit "Hoch gwimmas (n)imma".

Interview von Felix Haselsteiner und Moritz Kielbassa

Bluebird-Festival

Auch 2024 wird das Bluebird-Festival - hier das Plakat vom vergangenen Jahr - wieder allerfeinste Singer-Songwriter- und Indie-Musik auf die Bühne im Jazzclub Porgy&Bess bringen. (Foto: Blue Bird Festival)

Wer nicht allzu gerne in die Oper geht und sich auch sonst in der sogenannten "Hochkultur" nicht so recht zu Hause fühlt, wer Musicals auf den Tod nicht ausstehen kann und auch große Pop- und Rockshows lieber auslässt, für den hat Wien etwas ganz Besonderes zu bieten: Auch 2024 wird das Bluebird-Festival Ende November wieder allerfeinste Singer-Songwriter- und Indie-Musik auf die Bühne im Jazzclub Porgy&Bess bringen. Das Lineup, das Festivalleiter Klaus Totzler alljährlich für den Veranstalter, die Vienna Songwriting Association, zusammenstellt, zeichnet sich seit jeher durch eine perfekte Mischung aus großen und weniger bekannten Namen aus. Die US-Amerikaner Lambchop und The Magnetic Fields waren heuer zu sehen, die Engländerin Dana Margolin beeindruckte solo, ohne ihre Band Porridge Radio. Der intime Rahmen des Bluebird-Festivals schafft ein intensives, authentisches Musikerleben, das einen drei Tage lang alle Krisen und Sorgen vergessen lässt. Und das ist wichtig: Nicht, weil wir vor ihnen wegrennen sollten, oder es okay wäre, sich zu verstecken. Sondern weil wir 2024 ganz sicher Dinge brauchen, die uns Kraft, Resilienz und Abstand geben. Und was vermag das besser als ein richtig gutes Konzert? Werner Reisinger

Abo vom Volkstheater

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Der Titel des Stücks heißt: "Heit bin e ned munta wuan." Ich lese mir das immer laut vor, damit ich verstehe, was dort steht. Ich gehöre ja zu diesen integrationsunwilligen Deutschen, die 15 Jahre in Wien leben können und trotzdem noch Untertitel brauchen. Aber vielleicht bringen da nun Qualtinger & Co. ein wenig Tempo rein, denn das Wien-Abo vom Volkstheater lag unterm Weihnachtsbaum. Und das erste der drei Abo-Stücke heißt eben so. Es sei eine Liebeserklärung an den Tod unter Verwendung von Texten der Wiener Gruppe H. C. Artmann bis Gerhard Rühm. Liest man die Beschreibung, wird das plausibel: "Oberster Stock Gemeindebau, Favoriten. Eine kleine Wohnung, gelb vom Nikotin, das Gesicht grau und die Seele schwarz von der Einsamkeit." Gewünscht habe ich mir das nicht nur zwecks integrationsfördernder Maßnahme. Sondern auch, weil ich im Oktober 2023 das erste Mal nach 100 Jahren wieder dort war: im Theater. Und es war krass. Ja, mit zwei kleinen Kindern daheim wird man nicht nur verdammt alt, vielleicht kennen Sie es. Man wird auch verdammt dankbar, sobald man wieder etwas von Welt erlebt. 2024 freue ich mich auf mehr davon. I wü wida munta sei! Delna Antia

Berge

Leibesertüchtigung statt Hochkultur und Fußball-EM: zum Beispiel Bergwandern im Gschnitztal in Tirol. (Foto: Imago/Imago)

Klar, die Alpen gibt es hoffentlich noch sehr lange. Aber wer weiß in Zeiten von klimakriseninduzierten Extremwetter-Ereignissen, Pandemien und Inflation schon, ob man 2024 weiterhin in die Berge darf, man sich dies dann leisten kann oder sie überhaupt noch wirklich stehen? Außerdem haben die Kollegen offenbar hauptsächlich Hochkultur oder Fußballglotzen im Kopf, weshalb an dieser Stelle mal eine Lanze für ein wenig Leibesertüchtigung gebrochen werden muss. Schon zur Bergblüte im Frühsommer bietet sich im Gschnitztal, einem Seitental des Wipptals, zum Beispiel der regelmäßig föhnumwehte Blaser (2241 Meter) an; ein Paradies für Botaniker. Theoretisch lässt sich der bis zur Blaserhütte (2176 Meter) und damit fast bis zum von Edelweißmassen, Enzianen und Silberwurzen gesäumten Gipfel auch per (E-)Bike erstrampeln. Aber dann verpasst man womöglich das wunderbare Dutzend - Vorsicht, nicht auf den Fliegen-Ragwurz treten! - Orchideen am Wegesrand. Eventfreunde mit guter oder hervorragender Kondition können sich den Karwendellauf- oder marsch über 52 oder 35 Kilometer vormerken, Blaubeersuppe inklusive. Und wer's gar nicht ohne Kultur aushält, geht am 28. Juli zu Musica Montana im Rahmen der Festwochen der Alten Musik auf die Umbrüggler Alm bei Innsbruck. Sind auf dem kürzesten Anstieg nur rund 250 Höhenmeter - und gratis ist das Zuhören auch noch. Dominik Prantl

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Von Delna Antia

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