Obamas Umweltpolitik:Es grünt so grün

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Der künftige US-Präsident Obama leitet die Klima-Wende ein. Aber er wird mehr Zeit brauchen, als die Welt ihm geben will.

Christian Wernicke, Washington

In Washington ist ein früher Frühling angebrochen. Denn kurz vor Winterbeginn hat Barack Obama, selbsterklärter Weltbürger und künftiger US-Präsident, seinen vielen Wahlkampf-Worten über Amerikas Verantwortung für die Welt nun Taten folgen lassen: Es ist eine eindrucksvolle Mannschaft, die Obama ab 2009 an die zentralen Schalthebel von Amerikas Energie- und Umweltpolitik schickt, um der Nation ihre längst überfällige Klima-Wende zu bescheren.

Steven Chu, der designierte Energieminister im Kabinett Obama, stellt seine Ideen vor. (Foto: Foto: Reuters)

Die Vorschusslorbeeren wuchern, und die Lobeshymnen auf Amerikas "Green Team" reimen sich auf "Dream Team". Es grünt sehr grün am Potomac.

Nein, Al Gore selbst ist nicht dabei. Aber sein Geist und sein Denken wird einziehen in Washingtons Bürokratie, sobald ab dem 20. Januar 2009 mit Carol Browner eine Klima-Zarin ihre Regentschaft beginnt. Browner ist eine glühende Goristin - und als frühere Leiterin der amerikanischen Umweltbehörde EPA unter Präsident Bill Clinton zugleich eine ausgefuchste Praktikerin des ökologischen Wandels.

Die Zeichen stehen auf Grün

Das gilt ebenso für Lisa Jackson, die designierte EPA-Chefin. Dazu gesellt sich mit Steven Chu eine sehr typische, weil eben schillernde Obama-Personalie: Der Physiker erhielt 1997 den Nobelpreis und sucht als Spitzenforscher seit Jahren nach Auswegen aus der Klimafalle.

Auch sonst stehen die Zeichen auf Grün in Washington. Im Kongress, in der Vergangenheit oft ein elender Friedhof für ambitionierte Umweltpolitik, sitzen inzwischen ausgewiesene Ökos an der Spitze der entscheidenden Ausschüsse.

Zudem scheint Obama wild entschlossen zu sein, aus Amerikas ökonomischer Not eine ökologische Tugend zu machen: Das riesige Investitionsprogramm, mit dem der 44. Präsident die darniederliegende US-Wirtschaft ankurbeln und seinem Volk einen neuen New Deal feilbieten will, soll die Nation nachhaltig für die Zukunft rüsten.

Europa als Vorbild?

Solardächer, bessere Isolierung von Häusern, mehr öffentlicher Nahverkehr - all diese Maßnahmen, die in Europa seit langem zum Standardrepertoire staatlicher Förderung zählen, werden demnächst auch in Amerika auf Zuschüsse oder Steuernachlässe aus der Hauptstadt zählen können.

Und dennoch wird sich Amerika auch unter Obama zu langsam bewegen, gemessen jedenfalls an dem Tempo, das von der Weltmacht auf dem internationalen Parkett erwartet wird. In genau einem Jahr will die Völkergemeinschaft in Kopenhagen einen neuen Vertrag zum globalen Klimaschutz verabschieden.

Doch das wird nur gelingen, wenn die Vereinigten Staaten - die mit fünf Prozent der Weltbevölkerung alljährlich etwa ein Fünftel aller klimaschädlichen CO2-Emissionen in die Atmosphäre pusten - glaubwürdig eine Führungsrolle übernehmen. George W. Bush hat da jegliches Vertrauen verspielt, und Obama muss viel tun, um seinem Land neue Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

Nur, das kann und wird der neue Präsident nicht schaffen, indem er sich gleichsam einer europäischen Strategie unterwirft: Die Hoffnung, Amerika werde sich im Rahmen der UN-Verhandlungen nun schlicht ehrgeizigen Zielen zur Reduzierung seiner Klimagase unterwerfen und hinterher sehen, wie es diese Versprechungen dann daheim einlöst, wird sich nicht erfüllen. Auf diese Weise würde Obama ein Fiasko riskieren, wie Amerika es 1997 schon einmal erlebt hat: Damals stimmten 95 Senatoren gegen Kyoto, und nicht ein einziger votierte für den Klimaschutz.

Jede Strategie, national wie global, muss darauf bauen, dass Obamas "Green Team" schnell und viel Erfolg hat beim Versuch, ein neues, grünes Amerika zu schaffen. Das kann am Ende länger dauern, als es der UN-Fahrplan vorsieht. Als Präsident wird Obama daheim aufs Tempo drücken müssen für die nötigen Reformen - und als Weltbürger muss er sich international dafür verbürgen, dass Amerika seine Öko-Schulden begleicht.

© SZ vom 17.12.2008/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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