Beate Zschäpe hat überraschend drei von vier Befangenheitsanträgen gegen zwei Richter des NSU-Senats zurückgezogen. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess schrieb dies dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl am Freitag aus der Untersuchungshaft.
Zwei Befangenheitsanträge gegen Götzl und ein Ablehnungsantrag gegen den Beisitzenden Richter, Peter Lang, die ihre Verteidiger Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer und Anja Sturm in ihrem Namen gestellt haben, seien ohne ihr Wissen und ohne ihren Willen erfolgt, schreibt Zschäpe. Sie habe von ihren weiteren Verteidigern Hermann Borchert und Mathias Grasel immer erst hinterher von den Anträgen erfahren. Weiter schreibt sie, sie weise "ausdrücklich" darauf hin, dass künftig "ausschließlich" Schriftsätze von Borchert und Grasel mit ihrem Einverständnis erfolgen würden. Das Schreiben liegt der SZ vor.
Nur einen Ablehnungsantrag gegen Richter Götzl hat Zschäpe nicht zurückgenommen. Dabei waren es auch in diesem Fall Heer, Stahl und Sturm, die dieses Befangenheitsgesuch Anfang März in Zschäpes Namen gestellt hatten.
Mit ihrem Brief aus der Untersuchungshaft brüskiert Zschäpe nicht zum ersten Mal ihre drei langjährigen Verteidiger. Der NSU-Prozess läuft seit Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht München. Seit Juli 2015 hat die mutmaßliche NSU-Terroristin zwei Verteidigungsteams. Mit Heer, Stahl und Sturm, die sie von Beginn an verteidigen, verweigert sie seit Monaten jede Kommunikation. Ihr Vertrauen genießen Borchert und Grasel, die erst nach gut zwei Jahren Prozess in die Verteidigung eingestiegen sind. Brauchen Heer, Stahl und Sturm die Rücksprache mit ihrer Mandantin, müssen sie sich an Borchert und Grasel wenden.
Borchert und Grasel waren für eine Stellungnahme zu Zschäpes Schreiben nicht zu erreichen. Verteidiger Heer wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. "Wir werden gegenüber dem Gericht dazu in gebotener Weise Stellung nehmen", sagte er.
Der NSU-Prozess soll am Mittwoch fortgesetzt werden
Unklar ist, ob sich der Vorgang nun möglicherweise negativ auf das Verhältnis zwischen Zschäpe und Borchert und Grasel auswirkt.
Schon der psychiatrische Sachverständige Henning Saß hatte Zschäpes Umgang mit ihren Verteidigern Heer, Stahl und Sturm interessiert zur Kenntnis genommen. Eine ohnmächtige Frau, die sich dem Willen anderer beugt, hat Saß in Zschäpe nicht gesehen. Der Psychiater beschrieb die mutmaßliche NSU-Terroristin in seinem Gutachten stattdessen als eine Frau, die zu dominantem und manipulativem Verhalten neigt, egozentrische Züge hat und in ihrem Handeln auf Außenwirkung bedacht ist.
Zschäpe muss sich unter anderem wegen des Vorwurfs der Mittäterschaft an zehn vorwiegend rassistisch motivierten Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und 15 Raubüberfällen vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Sie bestreitet die Vorwürfe und behauptet, sie habe immer erst im Nachhinein von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt von den Taten erfahren. Sie sei entsetzt gewesen, habe sich aber aufgrund emotionaler Abhängigkeit nicht von Mundlos und Böhnhardt lösen können.
Der NSU-Prozess soll nach einer mehr als zweiwöchigen Unterbrechung am Mittwoch fortgesetzt werden.