NRW:Fotos und Ohr-Abdrücke

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Eine Kommission um Wolfgang Bosbach, die Armin Laschet vor drei Jahren eingesetzt hatte, stellt weitreichende Ideen zur Inneren Sicherheit vor. Einige davon will der heutige Ministerpräsident umsetzen.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet will den Bericht einer Expertenkommission zur Inneren Sicherheit nutzen, um für Gesetzesverschärfungen auf Bundesebene zu werben. Deutschland brauche "auch im Bund eine grundsätzliche Inventur der Sicherheits-Architektur", sagte der CDU-Politiker. Laschet, der sich um den CDU-Bundesvorsitz und die Kanzlerkandidatur seiner Partei bewirbt, stellte in Düsseldorf den 150 Seiten starken Bericht einer Kommission unter Vorsitz seines Parteifreundes Wolfgang Bosbach vor.

Diese sogenannte Bosbach-Kommission empfiehlt etwa die Überwachung islamistisch radikalisierter Kinder unter 14 Jahren durch den Verfassungsschutz oder auch eine Obergrenze für Barzahlungen beim Kauf von Immobilien oder teuren Autos zur Bekämpfung der Geldwäsche. "Deutschland gilt hier als El Dorado", sagte Bosbach. Politisch umstritten ist der Vorschlag der Kommission, Verfassungsschutz-Behörden den Zugriff auf verschlüsselte Messenger-Dienste wie Whats-App zur Überwachung "relevanter Personen" zu erlauben. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) sagte der SZ, dies berühre "eine sehr sensible Zone" bürgerlicher Freiheit. Eine Überwachungs-Befugnis für den Verfassungsschutz müsse "weitaus vorsichtiger gestaltet werden als etwa bei der Polizei", da letztere strengeren richterlichen Kontrollen unterliege.

Laschet selbst machte sich drei andere Vorschläge der insgesamt 15 Experten zu eigen. Erstens unterstützte der CDU-Politiker die Idee, durch die Veröffentlichung von Fotos mutmaßlicher Straftäter schneller und häufiger als bisher die Bevölkerung bei Fahndungen einzubinden. Zweitens will Laschet eine präzisere und gerichtsverwertbare Ortung des Handys eines Tätern zur Tatzeit erreichen, indem die exakte Größe und Stärke der aller sogenannter "Funkzellen" der Mobilfunkbetreiber ermittelt und kartographiert wird. Bisher haben nur Bayern und Baden-Württemberg diese Daten erhoben. Drittens griff Laschet den Vorschlag auf, nach dem Vorbild von Fingerabdrücken oder DNS-Spuren künftig auch die Abgleiche von Ohr-Abdrücken und von Schuhsohlen-Abdrücken zentral zu speichern. Solche "automatisierte Datenbanken zum Spurenabgleich" können nach Meinung der Kommission vor allem die Fahndung nach Einbrechern unterstützen.

Angeregt wird in dem Bericht ebenso, die Ordnungsdienste vor allem in Großstädten aufzurüsten und zu einer Art "Stadtpolizei" auszubauen. Dies verlange unter anderem landesweite Mindeststandards für eine bessere Ausbildung der kommunalen Mitarbeiter. Bosbach verwies darauf, dass es derzeit vor allem die Ordnungsämter seien, die die Corona-Regeln im Alltag durchsetzen müssten.

Die Schaffung der Kommission geht zurück auf ein Versprechen Laschets vor den Landtagswahlen im Mai 2017. Der heutige NRW-Ministerpräsident wollte damals durch die Einbindung des in der CDU populären "Hardliners" Bosbach sein eigenes, eher liberales Image korrigieren. Am Donnerstag kündigte Laschet an, den Bosbach-Bericht demnächst in Berlin im Rahmen eines "Sicherheitskongresses" in der NRW-Landesvertretung vorzustellen. Zudem will der Aspirant für den CDU-Vorsitz den Bericht nun Bundesinnenminister Horst Seehofer sowie den Innenministern der übrigen 15 Bundesländer vorlegen.

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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