Nordrhein-Westfalen:Turbulenzen am Boden

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Den Flughafen Köln-Bonn erschüttert der Verdacht der Misswirtschaft. Opposition und Regierung streiten über die Aufklärung. Der Ministerpräsident will einen Ex-CDU-Spitzenmann als obersten Aufseher installieren.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Die schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sieht sich Vorwürfen der Opposition ausgesetzt, die Untersuchung mutmaßlicher Misswirtschaft am Flughafen Köln-Bonn (FKB) zu hintertreiben. Der SPD-Abgeordnete Martin Börschel sprach am Donnerstag von "einer Enthauptung der Aufklärung", weil Ministerpräsident Armin Laschet "zur Unzeit" den Vorsitzenden des Aufsichtsrats des Flughafens, den früheren Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD), zum unverzüglichen Rückzug aufgefordert hatte. Auf Betreiben von Bodewig waren Wirtschaftsprüfer und eine Rechtsanwaltskanzlei Vorwürfen gegen den langjährigen FKB-Geschäftsführer Michael Garvens nachgegangen. Ein vorläufiger Bericht, der WDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt, hatte Hinweise für eventuelle Veruntreuung und "Indizien für schwerwiegende Pflichtverletzungen" aufgelistet. Regierungschef Laschet will den ehemaligen CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz an der Spitze des Aufsichtsrats installieren.

Die Opposition wirft der NRW-Regierung vor, Untersuchungen zu hintertreiben

In einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags äußerten Sprecher von SPD und Grünen die Vermutung, die NRW-Regierung wolle mit Merz eine Privatisierung des Köln-Bonner Flughafens vorbereiten. Bisher gehört der Flughafen zu jeweils 30 Prozent dem Bund, dem Land und der Stadt Köln, kleinere Anteile halten zudem die Stadt Bonn und benachbarte Landkreise. Merz, der unter anderem für die Fondsgesellschaft BlackRock arbeitet, sei "ein Top-Lobbyist einer internationalen Heuschrecke", schimpfte der SPD-Politiker Börschel. Der frühere Staatssekretär im Landesverkehrsministerium, der grüne Abgeordnete Horst Becker, kritisierte den Führungsstil des vorläufig beurlaubten Geschäftsführers Garvens: Der Manager habe mehrere leitende Mitarbeiter verprellt, der FKB gelte deshalb als "das Nordkorea der Flughäfen". Die Opposition glaubt sogar, das CDU-Mitglied Garvens habe Regierungschef Laschet die Berufung von Merz empfohlen, um den ihm lästigen Vorgesetzten Bodewig loszuwerden.

Für die Landesregierung wies Verkehrsminister Hendrik Wüst diesen Verdacht zurück. Es sei normal, dass die im Mai gewählte Koalition von CDU und FDP mit Merz einen Mann ihres Vertrauens in den Aufsichtsrat entsende: "Regierungswechsel sind immer auch Personalwechsel." Merz sei sehr wohl in der Lage, die Aufklärung der Vorwürfe gegen das Management "professionell fortzusetzen".

Der vorläufige Prüfbericht hatte Geschäfte des Flughafens mit einer Cargofirma gerügt. Dabei sei eine Summe von einer Million Euro zu ungunsten des FKB aufgelaufen. Fragwürdig scheint auch zu sein, dass der Flughafen "eine auffallend hohe Anzahl" leitender Mitarbeiter freigestellt hatte. Zudem gehen die Prüfer Hinweisen auf versäumte Investitionen und Mängeln beim Brandschutz nach.

© SZ vom 17.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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