Nordkorea vs. Südkorea:Ein Krieg für den Machterhalt

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Die Versenkung der Korvette Cheonan ist kein Versehen und keine Lappalie. Sie ist ein Kriegsakt. Nordkorea sucht die Konfrontation - das Regime weiß sich offenbar nicht anders zu retten.

S. Kornelius

Der Untergang der südkoreanischen Korvette Cheonan ist mit kriminalistischer Sorgfalt untersucht worden. Die Objektivität der Nachforschung wird weitgehend garantiert durch die internationale Besetzung der Untersuchungskommission, die Beweisdichte ist beeindruckend.

Seoul macht Nordkorea für Schiffsuntergang verantwortlich. (Foto: Foto: dpa)

So bleiben nur wenige Zweifel, dass der Tod von 46 Seeleuten und der Untergang ihres Schiffes von Nordkorea zu verantworten sind. Das Regime in Pjöngjang steht hinter dem schlimmsten kriegerischen Akt, den die koreanische Halbinsel seit dem offenen Krieg in den fünfziger Jahren erlebte.

Der Koreakrieg begann im Juni 1950 und ist im Grunde bis heute nicht beendet. Einen Friedensschluss zwischen den Parteien auf der Halbinsel gibt es nicht, und auch ein echter Waffenstillstand existiert nicht - obwohl er auf dem Papier durchaus besteht. Doch jede geordnete, vertraglich gebundene Form des Umgangs mit Nordkorea ist undenkbar. Das Land will den Scheinkriegszustand, weil es von der Furcht seiner Gegner lebt. Es würde Nordkorea nicht mehr geben, wenn das Regime internationales Recht akzeptieren und diplomatische Gepflogenheiten einhalten würde.

Die Versenkung der Korvette Cheonan ist kein Versehen, und es ist auch keine Lappalie. Der Angriff auf ein Kriegsschiff ist ein Kriegsakt. Vernunft und politische Klugheit gebieten es Südkorea freilich, auf diese Provokation nicht mit denselben Mitteln zu reagieren. Einen Krieg kann der Süden nicht wollen - wozu auch? Der hochmilitarisierte und ideologisch betonisierte Norden ist militärisch nicht zu bezwingen. Diese Einsicht verlangt von Südkorea viel politische Kraft. Der Volkszorn kocht, die radikalen Parteien fordern Revanche, das demokratische System gerät unter Druck.

Warum Nordkorea das tut? Die Antworten auf diese zentrale Fragen sind immer gleich - und verlieren sich am Ende doch in Spekulationen. Es bleibt die Beobachtung, dass ein zerfallendes System am ehesten zusammengehalten wird, wenn der Druck von außen groß genug ist. Sollte die Diktatur den Machtwechsel vorbereiten, dann ist der Übergang vom einen auf den anderen Diktator besonders sicher vor Attacken rivalisierender Fraktionen, wenn internationale Pressionen das Militär und den Sicherheitsapparat zusammenschweißen. Genau das geschieht jetzt.

Nun wird eben dieser Druck gewaltig steigen. Natürlich wird jetzt der UN-Sicherheitsrat aktiv werden, es kann zu neuen Sanktionen kommen, der Süden wird alle Verbindungen kappen, die Sechs-Parteien-Gespräche können nicht fortgesetzt werden. Aber: Nur China kann an der Situation etwas ändern, es darf diesmal nicht über die Brutalität seines Schutzbefohlenen hinwegsehen. Handel, Rohstoffe, politische Patronage - ohne China würde Nordkorea implodieren. Gut möglich, dass die chinesische Führung das Regime in Pjöngjang nicht mehr steuern kann. Aber den Machtwechsel kann sie beeinflussen.

© SZ vom 21.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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