Gazprom:Zweifel an Wartung von Nord Stream 1

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Die Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern. (Foto: Markus Schreiber/AP)

Der russische Energiekonzern Gazprom will die Gas-Pipeline von Ende August an drei Tage abschalten. Experten zweifeln an den Gründen.

Russland hat angekündigt, Gaslieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 erneut für drei Tage zu unterbrechen - die Begründung dafür ist möglicherweise nur ein Vorwand. Vom 31. August bis zum 2. September werde wegen Wartungsarbeiten kein Gas nach Deutschland fließen, hatte der Staatskonzern Gazprom am Freitagabend mitgeteilt.

Danach sollten täglich wieder 33 Millionen Kubikmeter Erdgas geliefert werden. Das entspricht den 20 Prozent der täglichen Maximalleistung, auf die Russland die Lieferung schon vor einigen Wochen verringert hat. In den drei Tagen müsse die einzige funktionierende Turbine der Kompressorstation Portowaja überprüft und überholt werden, heißt es von Gazprom. Dies solle in Zusammenarbeit mit Spezialisten von Siemens Energy geschehen.

Experten, die auf SZ-Anfrage nicht namentlich genannt werden wollten, bezweifeln jedoch, dass Techniker von Siemens Energy zum Monatsende tatsächlich Wartungsarbeiten an der Pipeline vornehmen. Sollte diese Einschätzung zutreffen, würde es sich bei der Begründung durch Gazprom nur um eine Ausrede handeln, mit der eine Schikane halbwegs getarnt werden soll. Siemens Energy selbst wollte die Ankündigung des russischen Staatskonzerns auf SZ-Anfrage am Samstag nicht kommentieren.

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, die Wartungsmeldung zur Kenntnis genommen zu haben. "Wir beobachten die Lage in engem Austausch mit der Bundesnetzagentur", hieß es in einer Stellungnahme des Ministeriums.

Wegen angeblich nötiger Reparaturen hatte Gazprom schon seit längerem den Gasfluss gedrosselt. Um eine in Kanada reparierte Turbine zurückzuholen, bat Deutschland die Regierung in Ottawa um eine Ausnahme von den Sanktionen gegen Moskau. Doch als das Aggregat zurück in Deutschland war, zeigte Gazprom keine Eile, es einzubauen. Gazprom sprach von fehlenden Papieren. Die Bundesregierung warf Moskau deshalb vor, die technischen Probleme nur vorzutäuschen.

Diskussion um Nord Stream 2

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sagte, Russland nutze seine Gaspipelines dazu, die europäischen Regierungen zu erpressen. Zugleich kritisierte er die "absurden Äußerungen" in Deutschland, Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. "Russland braucht diese Pipelines nur, um in Europa Probleme zu schaffen, nicht um mit Gas zu helfen", sagt er.

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki hatte am Freitag gefordert, russisches Gas durch die fertige, aber brachliegende Leitung Nord Stream 2 zu beziehen. "Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen", sagte Kubicki dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Diese Äußerungen stießen auch in Deutschland auf Kritik, unter anderem von Grünen-Chef Omid Nouripour. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin nicht liefere, dann liefere er eben nicht, sagte Nouripour. "Es ist völlig egal, wie viele leere Pipelines da gerade offen sind." Auch Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ging auf Distanz. Er halte den Vorschlag für "falsch und abwegig", sagte eine Sprecherin seines Ministeriums in Berlin. Die Inbetriebnahme der fertig gebauten Pipeline Nord Stream 2 wurde von der Bundesregierung auf Eis gelegt.

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