Nobert Hofer ist nun ganz oben angelangt in seiner Freiheitlichen Partei, der FPÖ. Der Mann aus dem Burgenland übernimmt den Parteivorsitz von Heinz-Christian Strache, dem gefallenen Vizekanzler. Strache trat an diesem Samstag zurück, nachdem Süddeutsche Zeitung und Spiegel am Vortag die heimlich entstandenen Ibiza-Videos veröffentlichten. Darin hatte der FPÖ-Politiker im Sommer 2017 gegenüber einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte Staatsaufträge gegen Wahlkampfhilfe in Aussicht gestellt. Doch das Ganze war eine Falle, alles wurde gefilmt.
Hofer ist vielen Menschen wesentlich sympathischer als Strache. Denn Hofer tritt meistens freundlich auf und spielte in jungen Jahren auch nicht Krieg im Wald mit Neonazis. Nur manchmal brechen aus Hofer Sätze heraus, die verstörend wirken. 2016 etwa, als er im Präsidentschaftswahlkampf ankündigte, als Staatsoberhaupt mit der zurückhaltenden Tradition brechen zu wollen, um aktiver in die Politik einzugreifen. "Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist", sagte er. Seinen Gegenkandidaten, den heutigen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, nannte er damals "grünen faschistischen Diktator".
Doch solche Äußerungen blieben an dem 48-jährigen Hofer nicht so sehr hängen. Auch weil er meist ausgesucht höflich formuliert und so einen deutlichen Kontrast bildet zum verlässlich aggressiv auftretenden Strache. Ein Parteichef Hofer könnte es also leicht haben, aber tatsächlich hat er neben den Ibiza-Videos ein Problem: Denn Hofer ist ein Mann, der in Straches Schuld steht.
Der "HC" war es, der den gelernten Flugingenieur zum Stellvertreter machte, ihn zum schönen Posten des Dritten Nationalratspräsidenten verhalf und zuletzt mit dem Amt des Verkehrsminister in der nun geplatzten Regierung zwischen der FPÖ und der konservativen ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz machte. Hofer hat Strache seine politische Karriere zu verdanken. Und beide ticken ideologisch gleich.
Wenn es um das Verhältnis der beiden geht, sind sich FPÖ-Kader und FPÖ-Gegner einig: Im Auftreten und hinsichtlich intellektueller Fähigkeiten gebe es - vorsichtig formuliert - zwar Unterschiede zwischen beiden Männern. Weltanschaulich aber passe zwischen die beiden kein Blatt Papier.
Loyal, fleißig, zuverlässig - und Rechtsaußen
Viele Jahre fungierte Norbert Hofer als Vizeparteiobmann der Freiheitlichen Partei, Straches Stellvertreter: Loyal, fleißig, zuverlässig, einer, der stets darauf bedacht war, nicht vorzupreschen. Es war Hofer, der das aktuelle Parteiprogramm federführend geprägt und noch fester rechtsaußen verankert hat. Unter seiner Ägide kehrte der unter Jörg Haider gestrichene Satz wieder zurück ins das Manifest, wonach Österreich sich zur "deutschen Volks- Sprach- und Kulturgemeinschaft" bekenne. Demnach hält die FPÖ Österreicher auch für Deutsche - sofern sie "deutsche Vorfahren" hätten, wie ein Wiener Parteigenosse aus Straches Heimatbezirk einmal erklärte.
Hofer ist Mitglied einer Burschenschaft, er traf sich vor wenigen Jahren mit NPD-Politikern zum Interview und in seinem Büro arbeitet noch heute ein Mann, der früher Neonazi war. Aber dennoch ist der neue FPÖ-Chef bürgerlichen Wählern eher vermittelbar als ein Mann wie Strache.
Hofer zeigte bislang äußerlich keinerlei Bestrebungen, Parteichef zu werden. Bis vor drei Jahren konnten ohnehin die wenigsten Österreicher mit dem Namen Nobert Hofer etwas anfangen. Schlagartig wurde er damals bekannt, als er zum Präsidentschaftskandidaten seiner Partei ausgerufen wurde.
In der Regierung fiel Hofer im Vergleich zu anderen FPÖ-Ministern nicht allzu negativ auf, auch wenn er die Abschaffung der Rundfunkgebühren forderte, nur weil seine Teilnahme bei einer Konferenz in den ORF-Nachrichten nicht vorkam. Ansonsten machte Hofer oft Sachpolitik. Im Team Kurz sprach man schon wenige Monate nach Regierungsantritt von einem "Kraftzentrum", das Hofer neben Strache und dem FPÖ-Parteistrategen Herbert Kickl darstelle. Doch während Kickl als Innenminister teilweise irrwitzig anmutende Politik machte, blieb Hofer ruhig.
Nun ist seine Zeit gekommen. Aus seiner Sicht vermutlich zur Unzeit.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir dem FPÖ-Politiker Herbert Kickl fälschlicherweise den Vornamen "Norbert" gegeben.