Lkw-Anschlag in Nizza:Alle Angeklagten im Terrorprozess schuldig gesprochen

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Der Lkw, mit dem der Attentäter die Promenade entlangraste. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Bei dem Anschlag im Jahr 2016 waren 86 Menschen getötet worden. Der Attentäter selbst wurde beim Polizeieinsatz erschossen. Acht seiner Mittäter sind nun zu langen Haftstrafen verurteilt worden.

Im Prozess zum Lkw-Anschlag in Nizza von 2016 sind alle acht Angeklagten schuldig gesprochen worden. Ein französisches Gericht verurteilte zwei Freunde des erschossenen Attentäters wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu jeweils 18 Jahren Haft. Die anderen Angeklagten wurden unter anderem wegen Waffenhandels verurteilt.

Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, war der Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel auf der Flaniermeile Promenade des Anglais in Nizza mit einem tonnenschweren Lastwagen in eine Menschenmenge gerast und hatte auf Menschen geschossen. Es gab 86 Todesopfer, darunter zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Berlin. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der Attentäter wurde von der Polizei nach der Amok-Fahrt erschossen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich, legte aber keine Beweise vor, dass der Täter im direkten Kontakt mit der Terrororganisation gestanden hatte.

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Trotz Bekenntnis: Wohl keine Verbindung zur Terrororganisation IS

Laut Staatsanwaltschaft war das angebliche Bekenntnis trotz der Radikalisierung des Täters reiner Opportunismus, eine Verbindung zum IS habe es nicht gegeben. Seit September rollte ein Spezialgericht in Paris den Anschlag in Nizza auf. Mehr als 2000 Angehörige und Opfer traten als Nebenklägerinnen und Nebenkläger auf. Über vier Wochen hinweg berichteten sie vor Gericht von ihren Erinnerungen an die Attacke und von den Spuren, die der Terrorakt bei ihnen hinterlassen hat.

Obwohl der Attentäter beim Polizeieinsatz getötet wurde, waren die Vorbereitung seiner Tat sowie seine Gesinnung wesentlicher Bestandteil des Prozesses. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass der Mann über weitaus mehr als bloße Neugier für den IS verfügte. Er habe sich zahlreiche Köpfungsvideos der Terrormiliz angesehen, intensivste - irgendwann tägliche - Recherchen betrieben, etwa zum Geschehen in Syrien und dem Irak, zu Terroraufrufen, zum IS und zu al-Qaida wie auch zum Aufputschmittel Captagon, das als "Dschihadisten-Droge" gilt. "Der Täter wollte (dem Anschlag) sehr eindeutig eine dschihadistische Dimension geben", hieß es im Schlussplädoyer der Anklage.

Die beiden Komplizen, die zu je 18 Jahren Haft verurteilt wurden, hätten den Attentäter moralisch und materiell unterstützt und ihn inspiriert, sagte der Vorsitzende Richter Laurent Raviot am Dienstagabend im Pariser Justizpalast. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sie Bouhlel auch bei der Beschaffung des Lastwagens und Waffen geholfen haben. Das Gericht verhängte zudem zwölf Jahre Haft für den Mann, der dem Attentäter die Schusswaffe besorgte, die dieser beim Anschlag benutzte. Weitere fünf Beschuldigte, die ebenfalls in die Beschaffung einer Waffe involviert waren, erwartet zwischen zwei und acht Jahren Haft.

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