Nikos Kotzias:Griechischer Außenminister kritisiert Russland-Politik der EU

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Beklagt die "Doppelmoral" der Europäer: Nikos Kotzias (Foto: AFP)
  • Die OSZE-Beobachtermission in der Ostukraine soll aufgestockt werden. Künftig sollen 1000 Mitarbeiter der Internationalen Organisation die Einhaltung des Minsker Abkommens überwachen.
  • Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias hat die Zustimmung seines Landes zu weiteren Sanktionen gegen Russland infrage gestellt. Auch einer Verlängerung der bereits in Kraft getretenen Sanktionen könnte am Veto Griechenlands scheitern.
  • Indirekt stellt Kotzias einen Zusammenhang zwischen den Sanktionen gegen Russland und der Schuldenkrise in seinem Land her.

Von Daniel Brössler, Riga

Künftig sollen doppelt so viele Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Ostukraine entsandt werden. Das bestätigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Freitagabend am Rande eines Treffens mit EU-Kollegen in Riga. Neben den anderen Konfliktparteien habe sich auch Russland damit einverstanden erklärt, die Zahl von 500 auf 1000 Mitarbeiter zu erhöhen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zu dem Thema mit Kreml-Chef Wladimir Putin telefoniert. Die OSZE kontrolliert die Umsetzung des vor drei Wochen vereinbarten Friedensplans für den Donbass, der unter anderem die Bildung einer Pufferzone sowie eine Waffenruhe vorsieht.

Griechischer Außenminister stellt Sanktionen gegen Russland infrage

Kritisch zu Europas Politik in der Ukraine äußerte sich hingegen Nikos Kotzias, Außenminister der griechischen Linksregierung: "Es gab 14 EU-Ministertreffen zum Thema Ukraine. Was soll das? Gibt es keine anderen Probleme in Europa?", fragte er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung und anderen deutschsprachigen Medien. "Ich kenne keine prorussischen Separatisten, die Anschläge in Westeuropa gemacht haben. Es waren Dschihadisten aus Paris, aus Belgien", fügt er hinzu.

Schon nach dem Amtsantritt hatte die neue griechische Regierung Zweifel an der Sanktionspolitik angemeldet, eine Erweiterung der Liste mit Einreiseverboten und Kontensperrungen dann aber mitgetragen. Kotzias machte nun klar, dass mit einer griechischen Zustimmung zur Verlängerung oder gar Verschärfung von Wirtschaftssanktionen nicht ohne Weiteres gerechnet werden kann.

Gegen "vernünftige" Sanktionen werde Griechenland kein Veto einlegen. "Jede Sanktion, die die andere Seite an den Verhandlungstisch bringt, unterstützen wir. Aber keine Sanktionen aus Wut heraus", sagte er.

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Der Frage, ob Griechenland der im Sommer anstehenden Verlängerung der Wirtschaftssanktionen zustimmen wird, wich Kotzias aus. Aus Sicht der meisten EU-Staaten ist diese Verlängerung notwendig, weil die Minsker Abkommen erst zum Jahresende die volle ukrainische Kontrolle über die Staatsgrenze zu Russland vorsehen. Entscheidungen über Sanktionen müssen aber alle 28 Mitglieder zustimmen. Es stünde also durchaus in Griechenlands Macht, die Sanktionen zu Fall zu bringen. Das Land gehört zu den Opfern eines als Vergeltungsmaßnahme verhängten russischen Importstopps auf Obst und Gemüse aus der EU.

Kotzias sieht Zusammenhang zwischen Schuldenkrise und Sanktionsfrage

Indirekt stellte Kotzias auch einen Zusammenhang zwischen Schuldenkrise und Sanktionsfrage her: "Unsere jungen Leute hören nur Sanktionen, Bestrafung, Memorandum. Habt ihr euch gefragt, ob diese Generation überhaupt proeuropäisch sein kann?" Die Politik der Troika sei falsch und Ausdruck eines "kulturellen Rassismus" gewesen.

In der Außenpolitik hielt Kotzias der EU "Doppelmoral" vor. Wegen der Krim würden Sanktionen verhängt, die Besetzung eines Teils des EU-Staates Zypern durch die Türkei aber werde hingenommen. "Wir wollen keine Politik, die zum Bruch zwischen der EU und Russland führt", sagt Kotzias. "Wir wollen Russland integrieren. Wenn ich das sage, stehe ich unter Verdacht. Wenn die Kanzlerin das sagt, ist das klug."

© SZ vom 07.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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