Neues Gesetz gegen langwierige Prozesse:Turbo für die Justiz

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Die Bürger sollen sich künftig wehren können, wenn Verfahren zu lange dauern. Das neue Gesetz ist kein Ausdruck des Misstrauens gegen die Justiz - im Gegenteil.

Heribert Prantl

Recht haben und recht bekommen sind bekanntlich zwei paar Stiefel. Und zum Rechtbekommen gehört es, dass Recht rechtzeitig gewährt wird - und nicht erst dann, wenn es einem nichts mehr bringt. Der Vorstoß der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, einen Rechtsbehelf gegen säumige oder untätige Gerichte zu schaffen, ist deshalb zu begrüßen.

Ein ähnlicher Versuch der Vorgängerregierung war am Widerstand der Justizverwaltungen und der Gerichte gescheitert, die mehr Arbeit und mehr Kosten auf sich zukommen sahen. Dem neuen, differenzierteren Gesetzentwurf sollten die Richter und Staatsanwälte applaudieren. Das neue Gesetz stärkt das Ansehen der Justiz.

Es zeigt: Die dritte Gewalt, auch Kontrollative genannt, lässt sich auch selbst kontrollieren. Es ist Ausdruck des simplen, aber wichtigen Satzes, dass Recht für die Bürger da ist, nicht zur Selbstbeschäftigung der Justiz.

Das neue Gesetz ist kein Ausdruck des Misstrauens gegen die Justiz. Im Gegenteil: Es setzt voraus, dass das säumige oder untätige Gericht die Ausnahme ist. Und es setzt weiter voraus, dass die Justiz selbst ein Interesse daran hat, Missstände rasch abzustellen.

Die Zustimmung der Justiz zu diesem Gesetz, das dem rechtssuchenden Bürger Wiedergutmachung und Schadenersatz bei Verzögerungen gewährt, ist also ein Akt der eigenen Souveränität. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Zustimmung schon signalisiert, ist also mit gutem Beispiel vorangegegangen. Wenn das höchste Gericht sich selbst unter Säumigkeitskontrolle stellt, sollten die anderen Gerichte nicht zögern.

Vielleicht wird es am Anfang zu einer Flut von Verzögerungsrügen und Entschädigungsklagen kommen. Das wird sich aber schnell einpegeln. Dafür werden schon die Gerichtsgebühren und die Rechtsanwaltskosten sorgen, auf denen man sitzenbleibt, wenn man die Untätigkeitsklage unberechtigterweise erhoben hat.

© SZ vom 9.4.2010/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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