Neue Luftangriffe in Libyen:Schwere Waffen gegen das eigene Volk

Lesezeit: 2 min

Libysche Truppen gehen weiter mit großer Gewalt gegen die Rebellen vor. Gaddafis Kämpfer erobern immer mehr Gebiete zurück. Der britische Außenminister befürchtet einen "Albtraum" für die Menschen.

Die Gewalt des Diktators gegen sein Volk reißt nicht ab. Die libysche Luftwaffe attackierte die von Rebellen gehaltene Stadt Adschdabija. Kampfflugzeuge hätten Waffenlager in der Stadt bombardiert, um die Gegner von Machthaber Muammar al-Gaddafi von Nachschublieferungen zur nahegelegenen Front abzuschneiden, sagte ein Vertreter der Rebellen. Am westlichen Stadtrand fielen laut Augenzeugen vier Granaten auf einen Kreisverkehr und verletzten fünf Menschen.

Libysche Rebellen versuchen ihre Stellung zu verteidigen, während die Armee mit schwerem Geschütz gegen sie vorgeht. (Foto: dpa)

Adschdabija liegt östlich der Hafenstadt Brega, wo sich Truppen Gaddafis und die Rebellen bereits am Sonntag erbitterte Gefechte lieferten. Der 750 Kilometer südöstlich von Tripolis gelegene Hafen wurde nach Angaben des Rebellenvertreters von den Gegnern Gaddafis kontrolliert. Die Kämpfe dauerten am Montag an.

Ein Arzt in Brega sagte, die Regierungsgegner seien angesichts der Bombardierungen zunächst aus der Hafenstadt geflohen. Später hätten sie jedoch zurückgeschlagen und Gaddafis Truppen abwehren können, die von der Seeseite aus gekommen seien. Der Arzt erklärte weiter, Gaddafis Truppen verfügten offenbar nicht über ausreichend Soldaten, um eingenommene Gebiete auch halten zu können.

Gaddafis Soldaten belagerten unterdessen die letzte wichtige Stadt im Westen, die von den Rebellen gehalten wurde - Misrata, 200 Kilometer südöstlich von Tripolis. Die Truppen kappten die Wasserversorgung und ließen auch keine Tankwagen durch, wie Augenzeugen erklärten. Allerdings gab es auch Hinweise, nach denen es zu Streitigkeiten unter den Anhängern Gaddafis gekommen sein soll.

Gaddafi-treue Soldaten griffen auch die von den Aufständischen kontrollierte Kleinstadt Suara 120 Kilometer westlich von Tripolis an und eroberten sie am Montagabend auch. Bei Kämpfen mit bewaffneten Aufständischen hatte es zuvor mindestens einen Toten und mehrere Verletzte gegeben, wie Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP per Telefon berichteten.

Laut einem Bericht des Staatsfernsehens sollten desertierte Soldaten nicht bestraft werden, wenn sie sich den Regierungstruppen stellten. Wer sich wieder von den "bewaffneten Banden" abwende und seine Waffen abliefere, gehe straffrei aus, ließ das Militär mitteilen. Zahlreiche Armeeangehörige hatten sich nach dem Beginn der Proteste gegen Machthaber Gaddafi Mitte Februar den Aufständischen angeschlossen.

Frankreich und Großbritannien fordern erneut Flugverbotszone

Gaddafis Offensive wird massiv von Luftwaffe, Kriegsschiffen und anderen schweren Waffen unterstützt. Frankreich und Großbritannien setzten sich am Montag erneut für eine Flugverbotszone über Libyen ein, um die libysche Opposition zu unterstützen. Der britische Außenminister William Hague sagte, den Libyern drohe ein Albtraum, sollte Gaddafi die Kontrolle über das Land zurückgewinnen. Der Zeitpunkt für die Entscheidung über eine Flugverbotszone sei gekommen. Hague erklärte weiter, eine solche Zone könne angesichts großen menschlichen Leids auch ohne eine Resolution des UN-Sicherheitsrats durchgesetzt werden.

Hague wollte nicht ausschließen, das Waffenembargo gegen Libyen zu überarbeiten. Auf diese Weise könnten die Rebellen mit Waffen beliefert werden.

Ein Sprecher des französischen Außenministeriums verwies auf zunehmende Gewalt gegen Zivilisten in Libyen. Es müsse dringend gehandelt werden. Frankreich arbeitet außerdem an einer Liste mit neuen Sanktionen gegen Gaddafis Regime. US-Außenministerin Hillary Clinton traf am Montag zu Gesprächen über die Lage in Libyen in Paris ein. Neben europäischen Spitzenpolitikern wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollte Clinton auch Vertreter der libyschen Opposition zu Gesprächen treffen. Es ist der erste Kontakt eines hochrangigen Mitglieds der Obama-Regierung zu Gegnern Gaddafis.

Die USA und einige andere westliche Staaten zögern, sich klar zu einer Flugverbotszone zu bekennen, die von ihnen die Ausschaltung der libyschen Flugabwehr verlangen würden - und damit den Eintritt in einen weiteren Krieg.

Auf Drängen der Arabischen Liga sollte am Montag der Weltsicherheitsrat zur Erörterung eines möglichen Flugverbots über Libyen zusammenkommen. Nach Auskunft der Vereinten Nationen sollten die Beratungen des höchsten UN-Gremiums hinter geschlossenen Türen stattfinden.

© AFP/dapd/blg/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: