Netzpolitik:Bundespräsident attackiert Internetkonzerne

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Facebook und Co. müssten endlich ihre Verantwortung für die Demokratie wahrnehmen, fordert Frank-Walter Steinmeier.

Von Markus Balser, Berlin

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wirft den großen Onlineplattformen mangelnden Einsatz für die Demokratie vor. Nach vielen Worten und Ankündigungen sei es jetzt an der Zeit, "dass Facebook, Twitter, Youtube und Co. ihre Verantwortung endlich wahrnehmen", sagte Steinmeier am Montag zur Eröffnung der Digitalkonferenz Republica in Berlin. Steinmeier sprach sich für mehr Regulierung und Strafen bei Regelverstößen aus.

Eindringlich warnte Steinmeier zum Auftakt vor wachsenden Gefahren durch Regelverstöße im Netz. "Wer hier in Deutschland und Europa das große Geschäft macht, der muss sich an unsere Regeln halten." Unternehmen dürften "nicht immer wieder Grenzen austesten, Schlupflöcher suchen und Umsetzung verschleppen". Wer das dennoch tue, müsse mit Konsequenzen und Strafen rechnen - vom Datenschutz bis zum Wettbewerbsrecht.

Der Bundespräsident mischt sich mit seinen klaren Worten in eine Debatte ein, die seit einigen Monaten die Politik in Deutschland und Europa bewegt. Es geht einerseits um die Frage, wie sich die Internetkonzerne besser kontrollieren lassen, andererseits darum, wie sich verhindern lässt, dass die Plattformen in Wahlkämpfen für politische Propaganda aus dem Ausland missbraucht werden. Steinmeier sagte, die liberale Demokratie werde dadurch angefochten. "Wer gezielt Daten und maßgeschneidert politische Botschaften platziert, der muss vom Betreiber und nötigenfalls vom Gesetzgeber dazu gezwungen werden, Gesicht zu zeigen", sagte der Bundespräsident. Er forderte, Geldflüsse und Abhängigkeiten offenzulegen; dies sei der effektivste Weg, um Demagogen und Populisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. "Solange die schnelle Lüge und die seriöse Nachricht unterschiedslos nacheinander in Newsfeeds auftauchen, solange haben es Demagogen viel zu einfach", sagte Steinmeier. Nötig seien klare Herkunftssiegel für Informationen.

Drei Wochen vor den Europa-Wahlen fürchtet die Politik offenbar auch neue Versuche digitaler Manipulationen. Algorithmen könnten Wahlen beeinflussen, warnte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer. Wenn die Regeln nicht geändert würden, hänge die Zukunft der Gesellschaft mehr von der Vorstandsetage von Facebook ab als von den Regierungen, sagte die SPD-Politikerin, die auch Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder ist. Inzwischen habe man sich fast schon daran gewöhnt, dass Facebook, Twitter oder Youtube große Teile der Gesellschaft organisierten. Auch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) warb auf der Digitalkonferenz dafür, härter gegen mächtige Internetunternehmen vorzugehen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die großen internationalen Konzerne der digitalen Welt auch ihren Beitrag zu den Gemeinwesen leisten, in denen sie ihren Wohlstand erwirtschaften", sagte er. Wichtig sei etwa eine Einigung über eine internationale Mindestbesteuerung, die das Ausnutzen unterschiedlicher Regeln und einen Steuerwettlauf nach unten verhindern könne.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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