Nahostkonflikt:Israel fliegt Dutzende Angriffe auf Gazastreifen

Nach dem Fund der Leichen von drei israelischen Jugendlichen beschießt Israels Luftwaffe mehr als 30 Ziele im Gazastreifen. Ministerpräsident Netanjahu hatte der radikalislamischen Hamas mit Vergeltung gedroht.

  • Israel macht die Palästinenserorganisation Hamas für die Entführung und Ermordung dreier israelischer Jugendlicher verantwortlich und zerstört die Häuser der zwei Hauptverdächtigen
  • Israelische Luftwaffe fliegt Angriffe auf mehr als 30 Ziele im Gazastreifen
  • Die Leichen der drei Jugendlichen wurden mehr als zwei Wochen nach ihrem Verschwinden entdeckt
  • Abbas beruft Dringlichkeitssitzung ein

Israel greift Dutzende Ziele im Gazastreifen an

Die israelische Luftwaffe hat laut Armeeangaben in der Nacht Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen geflogen. Es seien "Präzisionsschläge" gegen 34 Ziele - Militäreinrichtungen der Hamas und des Islamischen Dschihad - geführt worden, teilten die Streitkräfte mit. Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, überall seien Explosionen zu hören gewesen. Sicherheitsleute der radikalislamischen Hamas sagten, es seien mehr als 25 Luftangriffe innerhalb von weniger zehn Minuten gewesen. Augenzeugen sprachen von Dutzenden Explosionen.

Die Einrichtungen seien in Erwartung israelischer Luftangriffe bereits vorher evakuiert worden. Auch vom Meer aus habe die israelische Marine den nördlichen Gazastreifen beschossen. Nach Angaben des medizinischen Dienstes im Gazastreifen wurden bei Chan Junis vier Menschen verletzt. Einer werde vermisst.

Die israelischen Luftangriffe kamen nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts unter Vorsitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, bei der über eine Reaktion auf die Leichenfunde beraten wurde. Ob es sich dabei allerdings um Vergeltungsangriffe handelte, blieb unklar, da in der Sondersitzung des Sicherheitskabinetts keine unmittelbare Entscheidung zu harten Maßnahmen getroffen worden war, wie die israelische Zeitung Haaretz unter Berufung auf einen hohen Beamten berichtet. Das Gremium werde am Dienstag nach der Beerdigung der drei Jugendlichen erneut zusammentreten, sagte der Beamte diesen Angaben zufolge. Seitens der israelischen Armee hieß es, die Angriffe seien eine Reaktion auf mehr als 18 Raketenangriffe auf Israel seit Sonntagabend.

Israelische Armee zerstört Häuser der Hauptverdächtigen

Zeugen zufolge hat Israels Armee in Hebron die Häuser von zwei Männern zerstört, die als Hauptverdächtige im Falle der Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen gelten. Die beiden Hamas-Mitglieder waren demnach auf der Flucht. Menschenrechtsorganisationen hatten zuvor gewarnt, dass Israel zu der Praxis zurückkehren könnte, die Häuser mutmaßlicher Attentäter zu zerstören, wie dies bis 2005 immer wieder geschehen war.

Leichen der Jugendlichen entdeckt

Die Leichen der seit mehr als zwei Wochen im Westjordanland vermissten israelischen Jugendlichen waren unter einem Steinhaufen auf einem Feld in der Nähe von Hebron gefunden worden. Das berichtete das israelische Fernsehen.

Der 19-jährige und die zwei 16-jährigen Jugendlichen seien offenbar schon kurz nach ihrer Entführung am 12. Juni erschossen worden, hieß es in dem Bericht. Die Suche nach den mutmaßlichen Entführern dauere noch an. Der Geheimdienst nannte bereits am Donnerstag zwei Hamas-Mitglieder als Tatverdächtige.

Netanjahu droht mit Vergeltung

Israel beschuldigt die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas, hinter der Entführung zu stehen. Seit dem Verschwinden der Jugendlichen vor zwei Wochen hat die israelische Armee bei Razzien nach eigenen Angaben etwa 420 Palästinenser festgenommen, die meisten davon Hamas-Mitglieder.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte der Hamas eine harte Reaktion an. "Die Hamas ist verantwortlich und die Hamas wird bezahlen", sagte Netanjahu zu Beginn einer Dringlichkeitssitzung seines Sicherheitskabinetts.

Rechtsorientierte israelische Abgeordnete forderten nach dem Fund der Leichen ein hartes Vorgehen. "Dieses tragische Ende muss auch das Ende der Hamas sein", sagte Danny Danon von der Regierungspartei Likud. Er forderte eine Militäroperation und einen "tödlichen Schlag" gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation. Auch Parlamentspräsident Yuli Edelstein (Likud) sagte: "Israel muss einen kompromisslosen Krieg gegen den Terror im Allgemeinen und speziell gegen die Hamas führen."

Abbas versammelt Palästinenserführung

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas berief nach dem Fund der Leichen eine Dringlichkeitssitzung der Palästinenserführung für Dienstag ein. Dabei solle es um die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen gehen, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. Die gemäßigte Fatah von Abbas hatte Anfang Juni eine Einheitsregierung mit der Hamas gebildet. Israel hat ihn mehrmals zum Bruch mit der Hamas aufgefordert.

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