Donald Trump will laut palästinensischen Quellen mit einem jahrzehntelangen Dogma in der Nahost-Politik brechen. Am Dienstag habe der US-Präsident den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas in einem Telefonanruf darüber informiert, dass er die Botschaft der Vereinigten Staaten von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen wolle, sagte Abbas Sprecher Nabil Abu Rudeineh. Trump habe auch die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels angekündigt, dies seien zwei Schritte auf einmal, sagte Xavier Abu Eid, ein Sprecher der Palästinenser-Organisation PLO der Süddeutschen Zeitung. Allerdings habe Trump den Zeitpunkt der Umsetzung offen gelassen. Abbas habe Trump im Gegenzug gewarnt, diese Entscheidung könne "gefährliche Konsequenzen" haben. Am Dienstagabend tagte der Palästinenserpräsident nach SZ-Informationen mit seinen wichtigsten Ministern, um über eine Reaktion zu beraten.
Die Verlegung der Botschaft und die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt hat Trump als Kandidat im US-Präsidentschaftswahlkampf mehrmals angekündigt. Israel hat die Stadt 1950 zu seiner Hauptstadt erklärt und beansprucht auch den 1967 während des Sechstagekriegs besetzten Ostteil für sich. Doch auch die Palästinenser sehen in Jerusalem die Hauptstadt für ihren noch zu gründenden Staat. Bis der Status der Stadt in Friedensgesprächen nicht geklärt ist, will deshalb bisher kein Land Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels anerkennen oder hier eine Botschaft eröffnen.
In den USA verabschiedete der Kongress jedoch 1995 den sogenannten Jerusalem-Botschaftsakt, der eine Verlegung der US-Vertretung vorsah. Um den Friedensprozess aber nicht zu gefährden, setzte bisher jeder Präsident die Umsetzung des Entschlusses aus. Um die Verlegung weiter zu verzögern, hätte Trump bis Montag ein entsprechendes Dekret unterzeichnen müssen. Dies hat Trump jedoch nicht getan, stattdessen kündigten seine Sprecher für diesen Mittwoch eine Rede zum Nahost-Konflikt an. Es wird erwartet, dass er in dieser eine Verlegung der Botschaft ankündigen wird - auch, weil er am Dienstagabend nicht nur mit dem Palästinenser Abbas sprach, sondern auch länger mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Jordaniens König Abdullah telefonierte.
Noch bevor das Telefonat von Trump mit Abbas bekannt wurde, hatte der außenpolitische Berater von Abbas, Nabil Shaath, im Gespräch mit Korrespondenten in Jerusalem für diesen Fall mit dem Abbruch der Verhandlungen über einen Friedensprozess gedroht. Die USA hätten damit ihre Rolle als Vermittler aufgegeben, der Friedensplan, der unter der Leitung von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ausgearbeitet wurde und den Washington eigentlich in den kommenden Wochen präsentieren wollte, wäre schon vor Veröffentlichung gescheitert. Eine Lösung, der die Palästinenser zustimmen würden, wäre laut Saath eine Teilung Jerusalems. Es sei vorstellbar, dass die Palästinenser im Osten und die Israelis im Westen der Stadt ihre Hauptstadt hätten.