Nach Wunsch der Pharmaindustrie:Union will Medikamentenpreise geheim halten

Lesezeit: 3 min

Wieviel zahlen Krankenkassen Pharmakonzernen wirklich für neue Medikamente? Diese Information möchten die Arzneimittelhersteller verbergen, denn sie fürchten Umsatzeinbußen im Ausland. Die Union will die geforderte "Vertraulichkeit" nun sogar gesetzlich festschreiben - und untergräbt damit eigene Bemühungen zur Reduzierung der Preise. Der Bundestag verzichtet auf eine Debatte.

Robert Roßmann, Berlin

Die Unionsfraktion will eine der zentralen Forderungen der Pharmaindustrie erfüllen. Künftig sollen die zwischen Herstellern und Krankenkassen vereinbarten Preise für neue Medikamente geheim gehalten werden. Die Pharmaindustrie erhofft sich dadurch höhere Erlöse.

Psychopharmaka Arzneimittel Barmer Krankenkasse

Was kosten Medikamente wirklich? Diese Information möchte die Pharmaindustrie lieber nicht veröffentlichen. Die Union will diesem Wunsch stattgeben.

(Foto: dpa)

In einem "Positionspapier" der Unionsfraktion zur Änderung des geltenden Gesetzes heißt es: "Eine Veröffentlichung ist grundsätzlich nicht notwendig." Schließlich sei es für die Hersteller "wichtig, dass der verhandelte Erstattungspreis nicht in öffentlich zugänglichen Listen" geführt werde. Die "Vertraulichkeit des Erstattungsbetrags" müsse gesetzlich sichergestellt werden.

Die Grünen verurteilen die geplante Geheimhaltung scharf. "Kaum sind die Regeln zur Preisbildung neuer Arzneimittel in Kraft, will die Union sie aufweichen", sagt deren Gesundheitsexpertin Birgitt Bender.

Die zuständige SPD-Expertin Marlies Volkmer wirft der Unionsfraktion vor, in dem Positionspapier "fleißig alle Forderungen der pharmazeutischen Industrie gesammelt" zu haben. Auch die Linken kritisieren die geplante Änderung des "Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes" (AMNOG).

Das Gesetz galt bisher als ein Erfolg der schwarz-gelben Koalition. Mit ihm sollen die Kosten für Medikamente reduziert werden. Neue Arzneimittel müssen seitdem auf ihren Zusatznutzen untersucht werden. Anschließend verhandeln Hersteller und Kassen im Lichte des Ergebnisses über einen Rabatt auf den ursprünglich vom Hersteller festgelegten Preis.

Angst ums Auslandsgeschäft

Derzeit laufen die ersten derartigen Verhandlungen. Laut AMNOG muss der Rabatt in den einschlägigen Arzneimittelpreislisten ausgewiesen werden. Dies will die Pharmaindustrie nun mit aller Macht verhindern. In einem vom "Verband forschender Arzneimittelhersteller" (vfa) in Auftrag gegebenen Gutachten wird der Grund für die gewünschte Geheimhaltung klar beschrieben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema