Nach der Wahl in Hamburg:Olaf Auster

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Soll, angeblich, könnte - wie der künftige Hamburger Senat aussehen soll, weiß allein Olaf Scholz. Der designierte SPD-Bürgermeister schweigt beharrlich über seine Regierungsmannschaft und will sich erst am 20. März äußern.

Ralf Wiegand, Hamburg

Mit Spitznamen und Politikern ist das so eine Sache. Sie können respektvoll ausfallen wie ein ehrfürchtig dahin gemurmeltes "der Alte" (Adenauer), despektierlich wie "die Birne" (Kohl), frech und beinahe liebvoll wie bei "Mutti" (Merkel) oder einfach nur überwältigt wie bei "König Olaf I.".

Über die Zusammensetzung des künftigen Hamburger Senats wird derzeit heftig spekuliert. Aber der designierte Erste Bürgermeister Olaf Scholz gibt sich wortkarg: Erst auf einem SPD-Parteitag am 20. März will er endgültig bekanntgeben, wer seinem Kabinett angehören soll. (Foto: dpa)

Als solcher regiert Olaf Scholz schon Hamburg, obwohl er vom Parlament noch gar nicht gewählt worden ist. Der Titel spielt auf die Alleinherrschaft des künftigen Hamburger Bürgermeisters an, der am kommenden Montag mit den 62 Stimmen der SPD-Fraktion im 121 Abgeordnete zählenden Parlament ins Amt gewählt werden soll. Unter diesen Parlamentariern hat Scholz aber schon längst einen neuen Spitznamen: Sie nennen ihn "Olaf Auster" - in Anspielung auf seine beharrliche Weigerung, irgendwelche Personalien öffentlich zu machen. Bisher stehen gerade mal zwei Mitglieder seines künftigen Senats fest.

Erst am 23.März wird Scholz sein Team in der Bürgerschaft zur Abstimmung stellen, bis dahin muss der Erste Bürgermeister mit den von der alten CDU-Regierung eingesetzten Staatssekretären zusammenarbeiten. Die bisherigen Senatoren verlieren mit der Wahl von Scholz am 7.März automatisch ihre Positionen. Der künftige Regierungschef hat schon im Wahlkampf auf die Benennung eines Schattenkabinetts verzichtet, und er verweigert auch jetzt jeden Kommentar zu noch unbesetzten Posten - verschlossen wie eine Auster eben.

Dass Barbara Kisseler künftig das Kulturressort leiten wird, hat Scholz auch nicht ganz freiwillig schon am Sonntag bekanntgegeben. Doch in Berlin, wo Kisseler bisher als Chefin der Senatskanzlei wirkte, war die Personalie nicht länger unter der Decke zu halten - da gingen die Hamburger lieber in die Offensive und machten selbst den Namen ihres Neuzugangs öffentlich. Die Kultur ist wegen der Kostenexplosion beim Bau der Elbphilharmonie und der Kürzungen im Etat für Theater und Museen ein Schlüsselressort der neuen Landesregierung.

Ein anderes ist die Wirtschaft, wo zum Beispiel die Hafenpolitik gemacht wird. Chef dort wird Frank Horch. Das ist der zweite Name, den Scholz nicht geheim gehalten hat, in diesem Fall aus wahltaktischen Gründen. Horch, der einst schon von der CDU umworbene und parteilose frühere Präses der Handelskammer, personifizierte bereits im Wahlkampf den von der SPD ausgerufenen Kurs der Mitte, er zog Stimmen aus dem konservativen Lager an. Nur deshalb öffnete sich die Auster Scholz kurz und spuckte den Namen Horch aus.

Nun ist sie wieder dicht. Der künftige Regierungschef, der auch Landesvorsitzender bleiben will, prüft mit der Schweigsamkeit auch schon einmal die Disziplin seiner Partei, auf die es in einer Legislaturperiode mit absoluter, aber knapper Mehrheit besonders ankommen wird. Was sickert durch, wo gibt es undichte Stellen? Bisher sind die Reihen fest geschlossen, die Spekulationen kommen aus anderen Ländern.

So wird in Bremen offen ausgesprochen, dass die dortige Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper nach Hamburg und im Gegenzug Britta Ernst aus Hamburg nach Bremen wechseln könnte. Britta Ernst ist die Frau von Olaf Scholz und kann deswegen, trotz höchster Kompetenz, nicht seinem Senat angehören.

Die Hamburger SPD weist diese Spekulation zurück: "Das hören wir immer nur aus Bremen." Dagegen spricht auch, dass die Bremer selbst unmittelbar vor einer Wahl stehen (22.Mai) und eine solche Rochade jetzt nur schwer vermittelbar wäre. Möglich wäre auch, dass die frühere schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave nach Hamburg kommt; ein entsprechendes Angebot soll ihr gemacht worden sein, angeblich hat sie aber abgelehnt.

Angeblich, soll, könnte - die Hoheit über alle Personalien behält Olaf Scholz. Selbst altgediente Fahrensmänner wie der Fraktionsvorsitzende Michael Neumann bestätigen oder dementieren nichts, wenn sie für den Posten des Innensenators gehandelt werden. Ähnlich verhält sich Peter Tschentscher, der sich als Leiter des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Elbphilharmonie einen Namen gemacht hat und nun das Finanzressort übernehmen könnte. Wie es wirklich kommt? Der verschlossene Olaf Scholz will sich erst auf einem Parteitag am 20. März in dieser Sache öffnen.

© SZ vom 02.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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