Nach dem Tod von Osama bin Laden:Obamas Werben um die Muslime

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Bin Laden ist tot und in Arabien wird für mehr Demokratie demonstriert. In Washington sieht man die muslimische Welt an einem Wendepunkt. Deswegen soll Barack Obama sich bald in einer Grundsatzrede an die Muslime wenden - die PR-Offensive hat schon begonnen.

"Ein neues Kapitel im Dialog zwischen den USA und der muslimischen Welt", so beschrieb Ben Rhodes vor knapp zwei Jahren den Auftrag seines Chefs. Rhodes arbeitet als Sicherheitsberater im Stab von US-Präsident Barack Obama - und als Redenschreiber. Er war federführend an der Ausarbeitung der Kairoer Rede beteiligt, in der Obama das Verhältnis der einzigen verbliebenen Supermacht zu den Muslimen erneuern wollte.

Vor seiner Rede an der Kairoer Universität am 4. Juni 2009 winkt Barack Obama ins Publikum. Nun plant der US-Präsident offenbar eine weitere Grundsatzrede, um das Verhältnis der USA zur muslimischen Welt zu erneuern. (Foto: REUTERS)

"Der Kreislauf von Verdächtigungen und Zwietracht, den sich gewaltbereite Extremisten zunutze machten, muss durchbrochen werden", forderte Obama am 4. Juni 2009 in seiner Grundsatzrede in der ägyptischen Hauptstadt. Der 44. US-Präsident betonte damals, die gemeinsamen Werte der islamischen Welt und des Westens seien stärker als die Unterschiede.

Nun bereiten Obamas Berater nach Informationen des Wall Street Journal wieder eine Charme-Offensive gegenüber den etwa 1,5 Milliarden Muslimen weltweit vor. Demnach lautet Obamas Hauptargument so: Der Tod des Topterroristen Osama bin Laden sowie die Demokratiebewegungen in Nordafrika und im Nahen Osten machten überdeutlich, dass al-Qaida längst nicht mehr behaupten könne, für die Muslime zu sprechen.

In einem Interview führte Obama-Berater Ben Rhodes diesen Gedanken aus: "Es ist ein interessanter Zufall, dass Bin Laden genau zu einem Zeitpunkt getötet wurde, in der sich in der Region ein Modell des Wechsels abzeichnet, das genau das Gegenteil von Bin Ladens Vorstellungen entspricht."

Er bezieht sich dabei auf den Sturz der Diktatoren in Tunesien und Ägypten, Ben Ali und Hosni Mubarak, sowie auf die anhaltenden Demonstrationen in Ländern wie Libyen, Jemen, Syrien, Bahrain und Jordanien. Die Rede Obamas soll auch den Aufständischen in Syrien und Libyen, wo sich die Machthaber mit allen Mitteln an der Macht halten, Mut machen.

Muslimische Welt steht an einem Wendepunkt

Die muslimische Welt, so die Botschaft Washingtons, stehe an einem Wendepunkt. Offenbar soll Obama nach den Plänen des Weißen Hauses die Grundsatzrede halten, bevor er am 23. Mai zu einer fünftägigen Europareise aufbricht. Zusätzlich sollen sich amerikanische Diplomaten in arabischen Medien verstärkt zu Wort melden, um diese Botschaft der ausgestreckten Hand zu verbreiten.

Am 20. Mai empfängt der US-Präsident zudem den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Washington. Bisher habe sich Obama laut Wall Street Journal noch nicht entschieden, wie er auf die jüngsten Entwicklungen im Nahostkonflikt nach dem Friedensschluss zwischen Hamas und Fatah reagieren werde. Auch Jordaniens König Abdallah wird noch im Mai im Weißen Haus erwartet.

Der einflussreiche Demokrat John Kerry, Präsidentschaftskandidat 2004, will in den kommenden Tagen nach Pakistan reisen und dort Gespräche mit Spitzenpolitikern des schwierigen Verbündeten führen. Der Senator, der eng mit der Obama-Regierung zusammenarbeitet, möchte bei dem Treffen die Probleme in den schwer belasteten bilateralen Beziehungen diskutieren.

Immer mehr Politiker und Diplomaten in den USA zweifeln daran, dass sich Bin Laden ohne das Wissen des pakistanischen Militärs beziehungsweise der Geheimdienste in Abbottabad verstecken halten konnte.

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