Das Militär in Myanmar hat die zivile Führung des südostasiatischen Landes um De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet und den Notstand ausgerufen. Das berichtete das Militärfernsehen am Montagmorgen.
Zuvor hatte ein Sprecher der Regierungspartei erklärt, dass Aung San Suu Kyi und weitere ranghohe Politiker des Landes vom Militär festgesetzt worden sind. Er rief das Volk auf, Ruhe zu bewahren. "Ich möchte unseren Leuten sagen, dass sie nicht vorschnell reagieren sollen, und ich möchte, dass sie gemäß dem Gesetz handeln", ergänzte der Sprecher der Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD). Auch er erwarte, vom Militär inhaftiert zu werden.
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Ein Augenzeuge berichtete Reuters, dass mindestens ein Dutzend Soldaten vor dem Rathaus der größten Stadt des Landes, Yangon (das frühere Rangun), positioniert seien und mehrere Militärfahrzeuge in der Nähe Stellung bezogen hätten. Weiter seien seit den Morgenstunden die Telefonleitungen zum Regierungssitz in Naypyidaw unterbrochen, Anwohner berichteten über Ausfälle bei Internetdiensten und Mobilfunk. Der staatliche Fernsehsender MRTV schrieb auf Facebook, dass er wegen technischer Probleme nicht senden könne.
Die US-Regierung reagierte besorgt auf die Berichte und forderte die sofortige Freilassung der festgesetzten Politiker. Alle Beteiligten, auch das Militär, müssten sich an demokratische Normen und Rechtsstaatsprinzipien halten, forderte das US-Außenministerium in einer Stellungnahme am Sonntagabend. Präsident Joe Biden sei von seinem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan über die Situation in dem südostasiatischen Land informiert worden.
"Die Vereinigten Staaten lehnen alle Versuche ab, den Ausgang kürzlich abgehaltener Wahlen zu verändern oder den demokratischen Übergang in Myanmar zu behindern", hieß es in der Stellungnahme. Es würden "Maßnahmen gegen die Verantwortlichen ergriffen, wenn diese Schritte nicht rückgängig gemacht werden".
Seit Tagen gab es Gerüchte über einen möglichen bevorstehenden Militärputsch
Dem Putsch vorausgegangen waren Spannungen zwischen der zivilen Regierung und dem mächtigen Militär wegen Vorwürfen des Wahlbetrugs bei der Parlamentswahl vom November. Seit Tagen gab es Gerüchte über einen möglichen bevorstehenden Militärputsch.
Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hatte sich bei der Parlamentswahl eine zweite Amtszeit in dem Land mit etwa 54 Millionen Einwohnern gesichert. Ihre Partei NLD holte nach offiziellen Angaben die absolute Mehrheit von 83 Prozent, die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 70 Prozent. Die Armee spricht jedoch von Wahlbetrug. Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing hatte bereits vergangene Woche gedroht, dass die Verfassung aufgehoben werden sollte, wenn sie nicht eingehalten werde.
Es war für das Land erst die zweite Wahl, die von internationalen Beobachtern seit dem Ende der direkten Militärherrschaft im Jahr 2011 als frei und fair angesehen wurde. Nach einem Putsch im Jahr 1962 war Myanmar 49 Jahre lang vom Militär regiert worden.
Nach der Wahl blieb Aung San Suu Kyi auf die Kooperation mit dem Militär angewiesen. Ein Viertel der Sitze in den Parlamentskammern blieb für die Streitkräfte reserviert. So steht es in der Verfassung von 2008, die die Junta aufgesetzt hatte, um auch nach der Einleitung demokratischer Reformen nicht entmachtet zu werden.
Wegen einer anderen Klausel kann Aung San Suu Kyi nicht Präsidentin werden, sondern regiert als Staatsberaterin und somit De-Facto-Regierungschefin das frühere Birma beziehungsweise Burma. Ohne das Militär sind auch Verfassungsänderungen nicht möglich, zudem kontrolliert es die wichtigsten Ministerien. Aung San Suu Kyi hatte unter der Militärdiktatur 15 Jahre unter Hausarrest gestanden.
International ist die frühere Freiheitsikone mittlerweile umstritten. So sind die versprochenen demokratischen Reformen in dem buddhistisch geprägten Land bislang weitgehend ausgeblieben und Aung San Suu Kyi zeigt inzwischen selbst einen immer autoritäreren Regierungsstil. Auch wegen der staatlichen Diskriminierung der Rohingya und ihres Schweigens zur Gewalt gegen die muslimische Minderheit steht Aung San Suu Kyi in der Kritik.