München: Stellplatzpflicht für Fahrräder:Mehr Platz fürs Rad

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Die Städte sind voll mit Radlern - und die Gehsteige sind voll mit abgestellten Fahrrädern. Die Stadt München wagt jetzt einen Vorstoß: Wer ein Haus bauen will, soll künftig gezwungen werden, auch Fahrradstellplätze zu errichten.

Marco Völklein

Wer dieser Tage durch München radelt, der stellt eines ganz schnell fest: Die Stadt ist voll mit Radlern. Sie drängeln sich auf den Radwegen, stauen sich vor roten Ampeln und streiten sich an S- und U-Bahnhöfen um die wenigen freien Stellplätze für ihr Rad. Ähnlich eng geht es in den Fahrradkellern und Hinterhöfen der Stadt zu: Stahl, Carbon und Alu, wohin man schaut, und weil der Platz nicht reicht, parken viele ihre Räder auf der Straße vor dem Haus.

Das Problem mit den Stellplätzen: In Nürnberg gibt es bereits seit 1992 eine entsprechende Satzung. München will jetzt nachziehen. (Foto: ddp)

Hier möchte die Stadtspitze nun Abhilfe schaffen. Per "Fahrradabstellplatzsatzung" will der rot-grün geführte Stadtrat die Erbauer von Wohn- und Geschäftshäusern verpflichten, eine konkrete Zahl an Fahrradständern zu schaffen. In neu zu errichtenden Wohnhäusern etwa sollen die Investoren pro 40 Quadratmeter Wohnfläche einen Stellplatz fürs Fahrrad einplanen. Auch die Größe der Stellplätze will die Stadt vorschreiben: 1,5 Quadratmeter sollen jedem Rad zur Verfügung stehen. Der Stellplatz soll gut zugänglich, möglichst überdacht sowie leicht und verkehrssicher zu erreichen sein. Und um ein Chaos im Radkeller zu verhindern, sollen die Architekten Vorderradständer oder Stangen in den Räumen vorsehen.

Ähnlich konkrete Vorgaben machen die Kommunen den Bauherren seit langem schon für das Abstellen von Autos; nun nehmen Städte und Gemeinden die Architekten beim Fahrrad in die Pflicht. München will so den Anteil des Radverkehrs in den nächsten Jahren von 14 auf knapp 20 Prozent steigern. Die Stadtspitze orientiert sich an der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, dort ist mehr als die Hälfte der Einwohner mit dem Rad unterwegs. "Um das Radfahren attraktiver zu machen, müssen die Radler ihr Fahrrad auch adäquat parken können", sagt Münchens Dritter Bürgermeister Hep Monatzeder, ein Grüner, der sich zum "Radlbürgermeister" gekürt hat. Doch andere Kommunen sind viel weiter als die selbsternannte "Radlhauptstadt" an der Isar. In Nürnberg gilt seit 1992 eine solche Satzung, auch Troisdorf und Oberschleißheim haben entsprechende Regeln, das nordrhein-westfälische Hilden erließ seine Satzung im Mai.

Am Anfang habe es Vorbehalte gegeben, sagt Nürnbergs Chef-Verkehrsplaner Frank Jülich: "Uns wurde unterstellt, wir würden das Bauen nur zusätzlich erschweren." Doch mittlerweile würden die Architekten die Stellplätze ohne Murren einplanen. Dazu habe wohl beigetragen, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung des Radfahrens gewandelt hat.

Allerdings lassen sich per Stellplatzsatzung nur dort neue Abstellflächen schaffen, wo neu gebaut wird. In dicht besiedelten Altbauvierteln kann keine Stadt den Hausbesitzern vorschreiben, nachträglich Stellplätze zu schaffen - auch wenn sich das viele Mieter und Hausbesitzer wünschen.

Das Problem lässt sich nicht ohne größere Konflikte lösen, schließlich ist der Platz in Innenstädten begrenzt. So beschloss Rot-Grün in München im vergangenen Jahr, insbesondere in Altbauvierteln 1000 neue Stellplätze für Fahrräder auf öffentlichem Grund zu errichten; im Gegenzug sollen 24 Kfz-Stellplätze verschwinden. Im Rathaus tobte umgehend ein heftiger Streit. Die Opposition aus CSU und FDP schimpfte, dadurch werde dringend benötigter Parkraum vernichtet. "Radlbürgermeister" Monatzeder entgegnete, genau das Gegenteil sei der Fall: Es werde dringend benötigter Parkraum geschaffen - nur eben für Fahrräder.

© SZ vom 01.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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