Misstrauensvotum:Regierungsparteien stürzen Rumäniens Ministerpräsidenten

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Der abgewählte rumänische Ministerpräsident Sorin Grindeanu bei der Parlamentssitzung, die mit seiner Amtsenthebung endete. (Foto: AFP)
  • Rumäniens Regierungsparteien haben Regierungschef Sorin Grindeanu gestürzt.
  • Im Februar waren Hunderttausende auf die Straße gegangen, um gegen die geplante Lockerung der Korruptionsgesetze zu protestieren.
  • Das Misstrauensvotum zeigt einmal mehr, wie stark die Politik in Rumänien bis heute von der postkommunistischen Sozialdemokratischen Partei kontrolliert wird.

In Rumänien haben die Regierungsparteien ihren eigenen Ministerpräsidenten, den erst kürzlich gewählten Sorin Grindeanu, per Misstrauensvotum abgesetzt. An der Abstimmung nahmen nur die beiden Regierungsparteien PSD (Sozialdemokraten) und ALDE (Liberale) teil. Der außergewöhnliche Vorgang knüpft direkt an die gewaltigen Proteste vom Frühling an. Im Februar waren Hunderttausende im ganzen Land auf die Straßen gegangen, um gegen eine Lockerung der Korruptionsgesetze zu protestieren.

Der Sozialdemokrat Grindeanu war erst Anfang Januar von denselben Parlamentariern ins Amt gewählt worden, die ihn jetzt, gerade mal ein halbes Jahr später, wieder abgesetzt haben. Der Informatiker galt vielen als Marionnette des mächtigen Parteivorsitzenden Liviu Dragnea. Der hatte eigentlich selber Regierungschef werden wollen, durfte aber nicht, weil er wegen Wahlfälschung rechtskräftig verurteilt worden war.

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Dragneas Idee, als er dafür sorgte, dass Grindeanu gewählt wurde: Letzterer sollte für ihn das Korruptionsrecht lockern, sodass er, Dragnea, einerseits nicht mehr juristisch belangt werden und andererseits bei der nächsten Wahl selbst wieder nach der Macht greifen könnte.

Doch Grindeanu wollte das Spiel nicht mitspielen. Angesichts der massiven Proteste stellte sich Grindeanu auf die Seite der empörten Bevölkerung und überwarf sich mit seinem Parteichef. Seine Absetzung ist das Resultat dieses Zerwürfnisses. Dragnea zieht in der postkommunistischen Partei die Strippen und konnte so anscheinend dafür sorgen, dass die Abgeordneten der Regierungskoaltion aus Sozialdemokraten und Liberalen bereit waren, ihren eigenen Regierungschef abzusetzen.

Unter anderem hatte der Dragnea gedroht, jeden aus der Partei auszuschließen, der mit Grindeanu eine neue Regierung bilden wolle. Zur Begründung sagte er, Grindeanu habe weite Teile des Regierungsprogramms nicht erfüllt.

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Der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis will am kommenden Montag mit den Parlamentsfraktionen über eine neue Regierungsbildung beraten.

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