Mindestlohn:Debatte jenseits der Realität

Warum man über Ausnahmen bei Flüchtlingen kaum zu diskutieren braucht.

Von Thomas Öchsner

Manche politische Debatten erwecken den Eindruck, es gehe um etwas ganz Großes, obwohl sie mit dem realen Leben wenig zu tun haben. Dazu gehört der Streit um Ausnahmen beim Mindestlohn. Lange wurde darum gestritten. Die Union setzte für Langzeitarbeitslose Ausnahmen durch, aber kaum ein Betrieb nutzt sie. Jetzt wird das Spiel bei den Flüchtlingen wiederholt.

Zuerst wollte die CDU generell Ausnahmen vom Mindestlohn für Flüchtlinge. Warum davon nicht viel zu halten ist, haben gerade die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags dargelegt: Eine solche Regelung würde nicht nur womöglich gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verstoßen. Einheimische Arbeitslose könnten auch das Gefühl bekommen, Verlierer zu sein, weil Arbeitgeber lieber Flüchtlinge zu Dumpinglöhnen einstellen. Nun ist die CDU zurückgerudert, eine generelle Ausnahme für Flüchtlinge fordert die Partei doch nicht. Leider führt aber die ganze Diskussion in die Irre.

Erstens haben schon jetzt Betriebe die Möglichkeit - unabhängig von der Herkunft des Bewerbers -, über das Instrument der betrieblichen Einstiegsqualifizierung den Mindestlohn für ein Jahr zu unterschreiten. Zweitens hängen die Chancen von Flüchtlingen am Arbeitsmarkt nicht von ein oder zwei Euro mehr Lohn ab. Viel wichtiger ist, dass sie einigermaßen Deutsch können und ihr Aufenthalt für ein paar Jahre gesichert ist.

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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