Militärputsch in Honduras:Armee stürzt Präsidenten

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In Honduras haben Soldaten die Residenz von Präsident Zelaya gestürmt und ihn festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, eine Diktatur errichten zu wollen.

Peter Burghardt

Mit einem Überfall im Morgengrauen hat die Armee in Honduras am Sonntag den Präsidenten Manuel Zelaya entmachtet und nach Costa Rica gebracht. Der mittelamerikanische Kleinstaat erlebt damit den seit vergangener Woche befürchteten Putsch gegen die linke Regierung.

Soldaten halten den Sitz des honduranischen Präsidenten in der Hauptstadt Tegucigalpa besetzt. (Foto: Foto: AP)

Soldaten umstellten Zelayas Residenz in der Hauptstadt Tegucigalpa und verhafteten den Staatschef, der an diesem Tag eine umstrittene Volksbefragung über eine Verfassungsänderung abhalten wollte. Nach einer Schießerei mit der Leibgarde fuhren Panzer vor.

Am Vormittag meldete sich Zelaya im Fernsehsender Telesur aus dem Nachbarland. Er sprach von einer "brutalen Entführung", man habe ihn im Schlafanzug abgeführt und mit Waffen bedroht. "Hier bin ich, in Costa Rica, immer noch im Pyjama und ohne Socken." Seine Anhänger und die Weltgemeinschaft rief er zum friedlichen Widerstand auf. "Es gibt keine Rechtfertigung für den Staatsstreich."

Die Szenen erinnerten an düstere Zeiten der lateinamerikanischen Vergangenheit. Soldaten mit Schnellfeuergewehren gingen auf die Straße, Armeehubschrauber überflogen Parlament und Präsidentenpalast. Sympathisanten von Zelaya demonstrierten für das gestürzte Staatsoberhaupt. Blockaden mit Fahrzeugen und brennenden Reifen waren zu sehen, Rauchschwaden stiegen auf. Das Militär setzte Tränengas ein, die politische Lage wurde zunehmend chaotisch.

Am Nachmittag erklärten Abgeordnete den Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti zu Zelayas Nachfolger bis zur Wahl im November. Es wurde ein angeblicher Brief Zelayas verlesen, in dem er seinen Rücktritt erklärte. Zelaya jedoch sagte dem TV-Sender CNN in Costa Rica, die Nachricht sei "vollkommen falsch. Ich bin nicht zurück getreten und werde nicht zurücktreten. Ich bin gewählter Präsident." Es handle sich um "eine politisch-militärische Verschwörung" einer "korrupten Elite", ein "Verbrechen gegen die Demokratie". Sein Privatsekretär sagte, auch Außenministerin Patricia Rodas sei von Soldaten verschleppt worden. Mehrere Länder verurteilten den Aufstand.

US-Präsident Barack Obama äußerte Besorgnis und forderte die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen. Venezuelas Präsident Hugo Chávez, ein Verbündeter Zelayas, sprach von einer Attacke "gegen Honduras und die Völker Lateinamerikas". Die Organisation Amerikanischer Staaten bat, "die demokratische Stabilität" in Honduras zu verteidigen. Die Europäische Union rief zur "sofortigen Freilassung des Präsidenten und zu einer schnellen Rückkehr zur verfassungsmäßigen Normalität" auf.

Schon am Freitag hatten die Streitkräfte gegen Zelaya rebelliert. Auslöser der Machtprobe war ein für den Sonntag geplantes Referendum über eine Verfassungsreform. Zelaya wollte damit nach Ansicht seiner Gegner eine Basis für seine Wiederwahl schaffen. Auch die Armee lehnt den Plan ab und verweigerte ihre Mithilfe. Daraufhin entließ Zelaya am Donnerstag wegen Befehlsverweigerung den Armeechef Romeo Vásquez, der Oberste Gerichtshof allerdings erklärte die Absetzung für nichtig.

Am Freitag drang Zelaya mit Gefolgsleuten in ein Militärquartier ein und brachte aus Venezuela eingeflogene Wahlurnen und Stimmzettel in den Präsidentenpalast. Er wollte die Abstimmung trotz allem durchführen lassen. Das Parlament warf ihm Amtsmissbrauch vor.

Reaktionäre Kreise aus Militär, Politik, Unternehmen und Medien stellen sich gegen Zelaya, der eine Ära konservativer Regierungen beendet hatte. Wie Venezuela, Kuba, Ecuador und Nicaragua gehört Honduras zum linken Regionalpakt Alba, dennoch vertraut Zelaya auf Unterstützung der USA. Der 56 Jahre alte Politiker war als Anführer der Liberalen Partei Ende 2005 gewählt worden. Sein Mandat gilt bis Anfang 2010. Für seine Freunde ist er der Mann des Wandels, für seine Feinde ein Populist, der den Venezolaner Chávez kopiert. Zu seinem charakteristischen Outfit gehören Schnauzbart und Strohhut.

Sein Sturz wäre der erste Staatsstreich seit langem in Lateinamerika, wo linke Revolutionen und rechte Umstürze einst häufig gewesen waren. Honduras wurde mehrfach vom Militär beherrscht. In den achtziger Jahre diente die Republik der Regierung Ronald Reagans als Stützpunkt für den Kampf rechter Contras gegen die linken Sandinisten im benachbarten Nicaragua. Heute ist Honduras eines der ärmsten Länder Lateinamerikas, es leidet unter Gewalt und Naturkatastrophen.

© SZ vom 29.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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