Migration:Pläne für Flüchtlingsunterkunft geplatzt

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Händeringend sucht das Land NRW Standorte, um die eigenen Kapazitäten für Geflüchtete auszubauen. Doch vor Ort sind Widerstände von Anwohnern oft groß. In Arnsberg ist ein Projekt für eine Unterkunft nun geplatzt.

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Arnsberg (dpa) - Auf der Suche nach geeigneten Standorten für neue landeseigene Flüchtlingsunterkünfte ist in Arnsberg im Sauerland ein Vorhaben am Bürgerwiderstand gescheitert. Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, bestätigte am Dienstag auf Anfrage, ein Investor habe sein Angebot für die Vermietung eines Gebäudes im Ortsteil Oeventrop für die Unterbringung von Flüchtlingen spontan zurückgezogen - „offenbar nachdem er gespürt hatte, wie vehement die Skepsis vor Ort ist“. Gebäudeeigentümer und Lokalpolitiker Christoph Kraas sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe den Ort, in dem er selbst seit Generationen verwurzelt sei, nicht spalten wollen. Mehrere Medien hatte zuvor berichtet.

Bei einer Bürgerversammlung hatten die Bezirksregierung und Kraas am Montagabend über konkreter werdende Pläne informieren wollen. Demnach war man seit Frühjahr mit dem Investor im Gespräch darüber, aus einem ehemaligen leerstehenden Kloster in Oeventrop eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) mit bis zu 450 Plätzen zu machen. Ein entsprechendes Angebot habe die Bezirksregierung auch nach Abstimmung mit dem Flüchtlingsministerium in Düsseldorf „mit Interesse geprüft“, sagte Söbbeler. Dass der Investor nun „überraschend für alle Beteiligten und im laufenden Geschehen“ von dem Vorhaben zurückgetreten sei, sei bedauerlich, sagte Söbbeler.

Der Unternehmer Kraas, der auch Vorstandsmitglied der Arnsberger CDU ist, bekräftigte am Dienstag seine impulsiv getroffene Entscheidung: „Ich hatte nicht mit dieser harten Gegenwehr gerechnet. Mir wurde klar: Ich kann das so nicht durchziehen. Diese Sache hätte den Ort gespalten.“ Er habe noch gehofft, die Dorfgemeinschaft mit dem Versprechen zu überzeugen, sie an den Mieteinnahmen zu beteiligen, aber er sei nur auf breite Ablehnung gestoßen. „Man kann Flüchtlingspolitik nicht gegen den Willen der Leute durchsetzen. Die sind müde und überfordert und wissen nicht, was auf sie zukommt, wenn so viele Menschen mit allen möglichen Nationalitäten in direkter Nachbarschaft untergebracht werden“, sagte Kraas.

Angesichts der gestiegenen Asylbewerberzahlen in Nordrhein-Westfalen versucht das Land, die Kapazitäten an eigenen Einrichtungen aufzubauen. Allein im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg kann der Bedarf derzeit nur mit Hilfe von zwei Notunterkünften mit insgesamt 1500 Plätzen gedeckt werden, sagte Söbbeler. „Die Aufgabe, die landesweiten Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten auszubauen, ist dauerhaft. Das setzen wir fort“, betonte er.

Grundsätzlich seien Aufnahmebereitschaft und Engagement der Kommunen und Bevölkerung für die Unterbringung und Versorgung der schutzsuchenden Kinder, Frauen und Männer groß, hieß es im NRW-Flüchtlingsministerium. Einige Menschen fühlten sich aber verunsichert, wenn es um die Errichtung einer Unterkunft in ihrer direkten Wohnortnähe gehe. „Es ist Aufgabe der Politik, weiterhin für Akzeptanz zu werben, Lösungen zu finden und das Gespräch zu suchen“, sagte eine Sprecherin in Düsseldorf. Es brauche weitere Unterkünfte. Dass nun in Arnsberg ein Angebot an das Land zur Vermietung und Nutzung des ehemaligen Klosters zurückgezogen wurde, sei „bedauerlich“, aber zu respektieren.

Das Land verfüge aktuell über 30 600 Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten - 6590 Plätze sind in Erstaufnahmeeinrichtungen und 24 010 Plätze in einer der 28 ZUE-Einrichtungen oder in einer Notunterkunft. „Die Landeseinrichtungen sind aktuell zu 88 Prozent ihrer aktiven Kapazität ausgelastet“, sagte die Sprecherin. Das Land arbeite weiter mit Hochdruck am Ausbau. Die Bezirksregierungen prüfen demnach aktuell mehr als 40 Liegenschaften. Das Land nehme zwar vorrangig größere Einheiten mit meist mehr als 300 Plätzen in den Blick. Man habe die Kommunen aber ermutigt, den Bezirksregierungen auch kleinere Liegenschaften zur Prüfung zu melden, die unter bestimmten Bedingungen ebenfalls in Betracht kommen könnten.

© dpa-infocom, dpa:230801-99-644820/4

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