Migration:Brennpunkt Balkanroute: Slowenien schickt Soldaten an die Grenze

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Slowenische Soldaten an der slowenisch-kroatischen Grenze bei Sredisce ob Dravi. (Foto: Igor Kupljenik)

Ljubljana/Brüssel (dpa) - Das EU-Land Slowenien setzt angesichts des Zustroms von täglich mehreren tausend Flüchtlingen das Militär zur Grenzsicherung ein. Erste Soldaten wurden am Mittwoch an die Grenze zum EU-Nachbarn Kroatien geschickt.

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Ljubljana/Brüssel (dpa) - Das EU-Land Slowenien setzt angesichts des Zustroms von täglich mehreren tausend Flüchtlingen das Militär zur Grenzsicherung ein. Erste Soldaten wurden am Mittwoch an die Grenze zum EU-Nachbarn Kroatien geschickt.

Angesichts der angespannten Lage auf der Balkanroute im Südosten Europas rief EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ein Spitzentreffen für Sonntag ein. Ein Ende des Flüchtlingsdramas ist nicht abzusehen. Als Folge von russischen Luftangriffen und einer Bodenoffensive des syrischen Regimes sollen sich 50 000 Syrer auf der Flucht in die Türkei befinden.

Brennpunkt in der Flüchtlingskrise bleibt die Grenze zwischen den EU-Ländern Kroatien und Slowenien. Am Mittwochvormittag zählten die Behörden rund 11 000 Flüchtlinge in Slowenien. Das kleine Alpen-Adria-Land kann nach eigener Darstellung pro Tag nur bis zu 2500 Flüchtlinge einreisen lassen, registrieren und nach Österreich weitertransportieren. Sloweniens Grenze zu Kroatien ist 670 Kilometer lang.

Damit Soldaten die Polizei bei der Grenzsicherung helfen können, hatte die Regierung eine Gesetzesnovelle im Eilverfahren vorgelegt. Das Parlament in Ljubjana änderte in der Nacht zu Mittwoch mit 66 Ja- und fünf Nein-Stimmen das Verteidigungsgesetz. Der Einsatz von Soldaten ist zunächst auf drei Monate befristet. Die Armee des Zwei-Millionen-Einwohner-Staates verfügt nur über 7000 Soldaten.

An einigen Punkten der Balkanroute gerät die Situation außer Kontrolle. Im Flüchtlingslager Brezice an der Grenze zu Kroatien brannten Zelte. Nach Darstellung lokaler Medien hatten unzufriedene Flüchtlinge das Feuer gelegt. Die Behörden nannten keine Ursache. Der slowenische Staatssekretär im Innenministerium, Bostjan Sefic, sagte in Ljubljana, Grund sei, dass das Lager völlig überfüllt sei. Es seien Soldaten zur Verstärkung für die Polizei geschickt worden.

Nach einem Bericht der österreichischen Nachrichtenagentur APA waren am Vormittag etwa 2000 Flüchtlinge aus Slowenien im österreichischen Spielfeld eingetroffen. Sie wurden kontrolliert und registriert. Immer wieder fuhren Busse mit Migranten zu Notunterkünften los. Doch das Warten auf weitere Transportmöglichkeiten dürfte vielen offenbar zu lange gedauert haben, zitierte die APA einen Polizeisprecher. Sie hätten die Absperrung durchbrochen und seien losgegangen.

Am serbisch-kroatischen Grenzübergang Berkasovo/Bapska überrannten rund 3500 Migranten eine Polizeiabsperrung. Sie hatten die Nacht vor dem geschlossenen Übergang zugebracht. Die Frühtemperaturen lagen nur knapp über dem Gefrierpunkt.

Die Lage auf der Westbalkanroute soll Thema des Spitzentreffens der EU-Kommission am Sonntag sein. Eingeladen sind die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Österreich, Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Rumänien und Slowenien. Die Kommission strebt gemeinsame Schlussfolgerungen an, die direkt in die Tat umgesetzt werden könnten.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits bei einem Krisentreffen Ende September und beim regulären Gipfel in der vergangene Woche über die Flüchtlingskrise beraten. Im Rahmen der beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen in der EU wurden am Mittwoch weitere 68 Migranten aus Italien ausgeflogen. 49 Eritreer sollten nach Finnland und 19 Syrer nach Schweden gebracht werden, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.

Als Folge russischer Luftangriffe und einer Bodenoffensive des syrischen Regimes werden Tausende neue Schutzsuchende in der Türkei erwartet. Rund 50 000 Menschen seien aus dem Raum Aleppo Richtung Türkei unterwegs, berichtete die Zeitung „Hürriyet“ am Mittwoch unter Berufung auf den Vorsitzenden des „Rats syrischer Türkmenen“ Abdurrahman Mustafa. Ein Sprecher der Katastrophenschutzbehörde Afad sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie sei auf die mögliche Ankunft neuer Flüchtlinge vorbereitet.

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