Mietrecht:Fenster auf!

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Der Bundesgerichtshof legt fest, dass Altbau-Mieter ein Schimmelrisiko tolerieren müssen.

Von Wolfgang Janisch

Als Mieter möchte man, wie als Mensch überhaupt, stets das Beste aus beiden Welten. Gern darf es ein Altbau sein, weil der entweder Flair hat oder eben so marode ist, dass er nicht viel kostet. Zugleich aber sollte die Heizungstechnik dann doch auf dem neuesten Stand sein und das Bad sowieso. Wenn es da hakt, dann zieht man schon mal vor Gericht. Der Bundesgerichtshof hat dazu bisher freilich eine Linie gefahren, die sich grob so zusammenfassen lässt: Wo Altbau draufsteht, darf auch Altbau drin sein. Bis an diesem Mittwoch die Sache mit dem Schimmelpilz in Karlsruhe landete. Jedenfalls fragte sich die Senatsvorsitzende Karin Milger zum Auftakt der Verhandlung, ob nicht auch die eigene Rechtsprechung modernisierungsbedürftig sei. Das Landgericht Lübeck hatte nämlich ein Recht auf "zeitgemäßes Wohnen" ins Spiel gebracht.

Dort hatten Mieter zweier rund 50 Jahre alter Wohnungen in Glinde nahe Hamburg geklagt. Damals war Wärmedämmung ein Fremdwort, weshalb die Kälte durch die Wände kroch und Feuchtkulturen schuf, die im Urteil so zusammengefasst sind: Schimmel in der Raumecke, Fleckenbildung an der Fensterlaibung, dunkle Spots auf der Raufaser. Das Landgericht sagte: Auch der Altbau muss schimmelfrei sein - und gewährte großzügig 20 Prozent Abschlag auf die Miete.

Nun muss man ehrlicherweise sagen: Eigentlich ging es, vor allem im Winter, nur um ein Schimmelrisiko, das man aber in den Griff bekommen konnte, wenn man nur genügend lüftete. Der Gutachter hatte das vorgerechnet. Danach genügte es, zweimal pro Tag eine Viertelstunde das Fenster zu öffnen - und mit Durchzug lässt sich die Sache deutlich beschleunigen. Das Landgericht hatte so viel Frischluftzufuhr zwar für unzumutbar gehalten; zweimal zehn Minuten "Stoßlüften", mehr dürfe man Mietern nicht abverlangen. Der BGH dagegen hielt das für zu kleinlich und verfügte, die Lüftungsfrequenz müsse der Wohnung angepasst werden - und nicht umgekehrt. Die Klage auf Absenkung der Miete scheiterte.

Die Revolution bleibt also aus, der BGH hält an seiner Linie fest. Wenn ein Altbau bei seiner Errichtung den damals geltenden Normen entsprochen hat, dann kann der Mieter nicht plötzlich den Standard des Jahres 2018 einfordern. Ohnehin könnte das nach hinten losgehen, weil der Vermieter einen Teil der Modernisierungskosten auf die Miete aufschlagen könnte. Die Fortgeltung früherer Standards hat etwa bei einem Urteil vom Frühjahr eine Rolle gespielt; damals forderte ein Bewohner den Schallschutz des Jahres 2012 ein, ohne Erfolg. Der BGH verwies auf die DIN-Werte zum Trittschall aus dem Baujahr 1990. Auch das knarrende Parkett gehöre nun mal zu den "Unzulänglichkeiten einer Altbauwohnung" und sei kein Grund für eine Mietminderung, urteilte das Gericht im Jahr 2004.

Im selben Urteil zeigte das Karlsruher Gericht aber, dass die Juristen nicht gänzlich fortschrittsblind sind. Damals hatte der Mieter moniert, dass die Sicherungen rausknallten, sobald man Waschmaschine und Toaster gleichzeitig in Betrieb nehme. Bei einem unsanierten Altbau darf man zwar keine topmoderne Installation erwarten, fand der BGH - aber doch eine Stromversorgung, die für normale Haushaltsgeräte reicht.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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