Der ehemalige Bundesvorsitzende der Linken, Lothar Bisky, hat seiner Partei vorgeworfen, "zu verbissen" und "zu verblendet" ihre politischen Ziele zu verfolgen. Bei den Linken gebe es zu viele "Ideologie-Ajatollahs", kritisierte Bisky in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Es müsse in der Partei "mehr Respekt gegenüber anderen Gedanken und Persönlichkeiten" geben.
Bisky sitzt heute für seine Partei im Europaparlament, wohnt im brandenburgischen Hohen Neuendorf am Nordwestrand Berlins und wird in diesen Tagen 70 Jahre alt. In der Debatte um die Bewertung des Mauerbaus vor 50 Jahren forderte Bisky von seiner Partei eine einheitliche Haltung. Für die Linken gebe es keine Alternative zur Verurteilung der Mauer. "Der Mauerbau war ein schwerwiegender historischer Fehler, der durch nichts zu rechtfertigen ist", betonte Bisky und fügte hinzu: "Das zu relativieren, wäre sehr verhängnisvoll."
In der Linkspartei sehen manche den Mauerbau im Jahr 1961 als alternativlos an. Die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch hatte den Mauerbau als eine logische Folge des Zweiten Weltkriegs bezeichnet - und damit auch in der Partei heftige Kritik ausgelöst. In der Folge war Lötzsch allerdings von der umstrittenen Formulierung abgerückt. Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern konnte sich bei ihrem Landesparteitag am vergangenen Wochenende nicht auf eine Bewertung des Mauerbaus vor 50 Jahren einigen und vertagte das Streitthema auf die Zeit nach der Landtagswahl.
Bisky war lange Jahre zunächst Bundesvorsitzender der PDS und später der Linken. 2010 machte er gemeinsam mit Oskar Lafontaine Platz für das neue Führungsduo Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. In Brandenburg stand der frühere Hochschulprofessor 14 Jahre lang - von 1990 bis 2004 - an der Spitze der PDS-Fraktion. 2007 wurde Bisky zum Vorsitzenden der 2004 gebildeten Europäischen Linken gewählt.