CDU: "Mainzer Erklärung":Merkel stänkert gegen die Grünen

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Noch vor einem Jahr wollte Angela Merkel auch die Wähler von SPD und Grünen umwerben. Alles passé. Im Superwahljahr 2011 setzt die Kanzlerin auf konservative Werte, geht aggressiv auf die Grünen los - und begründet den Sinneswandel flapsig.

Es kommt nicht oft vor, dass Angela Merkel sprachlos ist. Die CDU-Vorsitzende hätte während der Vorstandsklausur in Mainz noch viel mehr zu sagen gehabt. Aber ihr versagte einfach immer mal wieder die Stimme.

Kanzlerin Angela Merkel: "Die CDU geht guten Mutes, kampfeslustig, aber auch in der festen Erwartung, dass wir unsere Probleme lösen können, in dieses neue Jahr." (Foto: REUTERS)

Wenn es jedoch überhaupt einen günstigen Zeitpunkt für gesundheitliches Ungemach gibt, dann war es dieses Vorstandstreffen. Denn bis auf die Dauerthemen Steuervereinfachung und Euro-Rettung hatte die CDU-Spitze keine allzu großen und vor allem wenig innerparteiliche Probleme zu wälzen.

Und auch die Stimmung war schon einmal sehr viel schlechter als zum Auftakt in dieses Superwahljahr mit sieben Landtagswahlen. Nach einem von der Kanzlerin selbst als schwierig, turbulent und teils sogar chaotisch empfundenen Jahr 2010 der schwarz-gelben Koalition ist wieder Ruhe in ihre Partei gekommen.

In der Gunst der Wähler steht die Union nach Umfragen wieder besser da, auch wenn sie wegen der Schwäche der FDP derzeit keine Mehrheit für dieses Bündnis im Bund hätte.

Und seit Merkel den Konservativen mehr Beachtung schenkt, spüren Mitglieder bis in die Parteispitze hinein nach eigenem Bekunden wieder mehr Zusammenhalt.

"Die CDU geht guten Mutes, kampfeslustig, aber auch in der festen Erwartung, dass wir unsere Probleme lösen können, in dieses neue Jahr", sagte Merkel nach der CDU-Vorstandsklausur in Mainz. Die Parteispitze habe die programmatische Grundlage für die Arbeit in diesem Jahr mit den sieben Landtagswahlen vorbereitet.

Die CDU bekenne sich zu Deutschland als Industrieland. Man will sich bei den Wahlkämpfen auf die Wirtschaftspolitik konzentrieren. Der Vorstand verabschiedete dafür einmütig eine "Mainzer Erklärung".

Darin geht es hauptsächlich um den Erhalt und Ausbau von Industrie und Infrastruktur. Ferner richtet die CDU ihr Augenmerk verstärkt auf den Schutz von Ehe und Familie und den demografischen Wandel. Die alternde Gesellschaft wird nach Ansicht der CDU eines der wichtigsten und schwierigsten Zukunftsthemen sein.

Im vorigen Jahr hatte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe noch Alarm geschlagen, als ihm viele Mitglieder in Briefen klar gemacht hatten, dass sie der Kurs ihrer Partei verunsichere.

Denn Merkel hatte mit der im Januar 2010 verfassten "Berliner Erklärung" die Losung ausgegeben, neben den Stammwählern auch Anhänger der SPD und Grünen zu umwerben, weil es sonst für Mehrheiten nicht reichen könnte.

Nun sagt sie zu diesem Schwenk in einer Mischung aus Nüchternheit und Humor: "Sie können nicht jedes Jahr das Gleiche schreiben." Der Umgang vor allem mit den Grünen ist aber deutlich aggressiver geworden. So nennt die CDU sie oft nur noch die "Dagegen-Partei".

Die erste Wahl in diesem Jahr, die Bürgerschaftswahl im Februar in Hamburg, gibt die CDU allerdings hinter den Kulissen schon so gut wie verloren. Ihr dortiger Spitzenkandidat Christoph Ahlhaus sei als Nachfolger von Regierungschef Ole von Beust zu kurz im Amt gewesen, als dass er die Wahl jetzt bestehen könne.

Dass die Grünen dort Ende letzten Jahres die gemeinsame Koalition aufkündigten, verübelt die CDU ihnen sehr. Auch daraus resultiert die Schärfe, mit der die Union nun auf die Grünen eindrischt.

Merkel allerdings soll auch darüber sauer sein, dass sich von Beust im Sommer ins Privatleben nach Sylt verabschiedete und die CDU in schwieriger Lage zurückließ. Die wohl entscheidende Landtagswahl für Merkels Stellung als Parteivorsitzende und Kanzlerin ist aber in Baden-Württemberg am 27. März.

Die CDU gibt sich nach den harten Auseinandersetzungen um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" mit einem viel kritisierten Polizeieinsatz und Empörung über politische Ignoranz wieder siegesgewiss.

Zum einen habe sie durch das bisher einmalige Schlichtungsverfahren mit den Bürgern punkten können. Zum anderen werde es der CDU zu Gute gehalten, dass sie zu dem Projekt trotz aller Angriffe gestanden habe und sich damit verlässlich zeige.

Bleibt für die CDU der Koalitionspartner FDP als Unsicherheitsfaktor. Im Bund sind die FDP-Umfragewerte so schlecht, dass sie derzeit um den Wiedereinzug in den Bundestag fürchten müsste.

Die CDU kann so auf ihren "privilegierten Partner", wie sie die FDP nennt, nicht hundertprozentig zählen. Und die Probleme mit ihrem Vorsitzenden, Außenminister Guido Westerwelle, seien nicht gelöst, sondern auf "Wiedervorlage", heißt es in der CDU.

In der Koalition wurde die Lage der FDP mit einer von der Bundesregierung über Jahre benutzten Beschreibung der Situation in Afghanistan verglichen: Ruhig, aber nicht stabil.

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