Loveparade: Sicherheitsdienste:Im Dickicht der Verantwortlichkeiten

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Die Kommunikation auf dem Gelände war lausig, die Absprachen klappten nicht; sogar die Besucherzahlen wurden gefälscht - die Katastrophe von Duisburg hat viele Ursachen.

Hans Leyendecker und Nicolas Richter

Die Staatsanwaltschaft Duisburg, die mit fünf Strafverfolgern und mit Hilfe einer 60-köpfigen Kölner Polizei-Sonderkommission den Fall aufrollt, wird sich auch mit der Rolle der Ordner befassen: "Das Ordnersystem des Veranstalters ist zusammengebrochen", hatte NRW-Innenminister Ralf Jäger Mitte der Woche auf einer Pressekonferenz gesagt.

Trauerflor und Plakate an der Unglücksstelle: Wer trägt die Schuld? (Foto: ddp)

Feststeht, dass diese Loveparade nicht wie sonst von einer Sicherheitsfirma geschützt werden sollte. Etwa 1000 Ordner von fünf Firmen sollten für Sicherheit sorgen. Das größte Kontingent kam von dem Kölner Unternehmen R.A.D. Sicherheit GmbH, das seit 1996 die Loveparade betreut und weiter in einem Imagefilm mit diesem Musik-Spektakel wirbt. "Wenn wir es absetzen, sieht es auch komisch aus", sagt Geschäftsführer Robert Ahrle.

Anordnungen nicht befolgt

R.A.D. "distanziert" sich in einer Erklärung "ausdrücklich von den sicherheits- und ordnungsdienstlichen Konzepten und Maßnahmen" bei den "Ein - und Auslasskontrollen der Loveparade in Duisburg". Das "bewährte Konzept" sei von der Veranstalterin, der Lopavent GmbH, "erstmalig geändert worden". Deshalb habe R.A.D im Vorfeld "eine Zusammenarbeit und damit auch die Übernahme von Verantwortung" in dem Abschnitt abgelehnt. Keiner der 500 R.A.D.-Mitarbeiter, die in Duisburg waren, sei in dem kritischen Bereich gewesen. Das "ist keine Schuldzuweisung", sagt Ahrle, aber das Konzept war "wirklich unüblich". Auch die Sicherheitsunternehmen Kötter und CCS Security betonen, ihre Ordner seien nicht an neuralgischen Punkten gewesen. "Das Unglück macht mich fassungslos", sagt CCS-Geschäftsführer Carlo Capuano.

Nach Darstellung von Innenminister Jäger sollen Ordner die Anweisungen des Sicherheitsbeauftragten von Lopavent - etwa die Sperrung der Tunnel wegen des starken Andrangs - nicht befolgt haben. Dabei hatte Lopavent vorher schriftlich darauf verwiesen, dass die "Besuchersteuerung in diesem Bereich besondere Bedeutung" habe, da es sich um den "einzigen regulären Zu- bzw. Ausgang handelt". Im Eingangs- und Tunnelbereich sollten laut Sicherheitskonzept mindestens hundert Ordner im Einsatz sein. Sie sollten die Kontrollen an den Eingangsschleusen durchführen und den Publikumsfluss steuern. Die Polizei war dafür nicht zuständig. Minister Jäger vermutet, einige Stellen seien unbesetzt geblieben.

Die SMS Security stellte für diesen Bereich 16 Ordner. Die meisten kamen offenbar von der Essener Firma Challenge Security. Diese nahm auf eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung zunächst keine Stellung.

© SZ vom 31.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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