Linkspartei:Mit halbem Herzen

Die Partei streitet über Europa und kommt zu Formel­kompro­miss.

Von Jens Schneider

So groß wie nie zuvor ist bei einigen führenden Linken die Bereitschaft zu leidenschaftlichen Bekenntnissen zu Europa. Allen voran Gregor Gysi warb auf dem Europaparteitag dafür, dass die Linke eine positive Botschaft für die europäische Integration aussenden möge. Gewiss müsse die EU dringend reformiert, aber vor allem gerettet werden, warnte er schlüssig. Die Reformer um Gysi stellten sich damit gegen jene linken Fundis, die ein holzschnittartig negatives Bild der EU pflegen. In deren Weltbild ist sie eine Art Grundübel, ein undemokratisches Instrument neoliberaler Kräfte.

Gysi und seine Weggefährten haben erkannt, dass diese ideologisch getriebene Ablehnung mit der differenzierten Realität der Staatengemeinschaft und des EU-Parlaments wenig gemein hat. Und sie wissen, dass solche Art radikallinker Rabulistik vor allem junge Wähler abschreckt, für die das Leben in der EU eine positive Selbstverständlichkeit ist.

Nun ist, typisch Linke, ein Formelkompromiss zwischen eigentlich unvereinbaren Positionen herausgekommen. Zu Recht werden Defizite der EU kritisiert, aber die Gemeinschaft nicht grundsätzlich infrage gestellt. Das ist ein kleiner Erfolg für die Reformer, aber keine gemeinsame Vision für Europa. Ein überzeugender Start in den Wahlkampf hätte anders ausgesehen.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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