Libyen:Geld für Stabilisierung

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Bundesaußenminister Steinmeier und sein französischer Kollege Ayrault besuchen die neue Einheitsregierung in Tripolis und versprechen Hilfe. Denn bisher sind die neuen Regenten alles andere als anerkannt.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Kollege Jean-Marc Ayrault sind am Samstag zu einem unangekündigten Besuch in die libysche Hauptstadt Tripolis gereist, wie schon vier Tage zuvor der italienische Ressortchef Paolo Gentiloni. Den Ministern ging es vor allem darum, die von den UN anerkannte Regierung der Nationalen Einheit zu stärken. Steinmeier und Ayrault trafen den Präsidialrat, eine Art Rumpfkabinett, und Premierminister Fayez Serraj. Wie es aus Diplomatenkreisen hieß, ging es dabei vor allem darum, wie die Zentralgewalt, die nach wie vor auf einem Marinestützpunkt in Tripolis sitzt, ihren Einfluss auf den Rest des Landes ausweiten will und wie die EU sie dabei unterstützen kann.

Steinmeier stellte einen von Deutschland initiierten Stabilisierungsfonds vor, der die Regierung in die Lage versetzen soll, Wiederaufbauprojekte zu finanzieren. Bislang gibt es Zusagen von Geberländern über 23 Millionen Euro, geplant ist ein Volumen von 40 Millionen Euro. Berlin ist bereit, bis zu einem Viertel zu übernehmen.

Die EU hat ein großes Interesse daran, Libyen zu stabilisieren, weil das Land, 300 Kilometer südlich von Italien, laut westlichen Geheimdiensten inzwischen bis zu 6000 Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beherbergt, die größte Präsenz außerhalb Syriens und Iraks. Zudem befürchten einige EU-Länder, dass von Libyen in den kommenden Wochen viele Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa aufbrechen könnten, nachdem gerade erst die Schließung der Balkanroute dazu geführt hatte, dass die Zahl der Neuankömmlinge drastisch zurückgegangen ist.

Einflussreiche Politiker und Militärchefs verweigern der Regierung die Anerkennung

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in der vergangenen Woche mehr als 5000 Migranten von Libyen nach Italien gekommen; die Zahlen dürften weiter steigen, weil Wetter und See ruhiger werden - liegen für April aber bisher nicht höher als 2015. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hält die Zahl von 200 000 Flüchtlingen im Verlauf des Jahres "für eher zu niedrig gegriffen". Tatsächlich gibt es weder zuverlässige Schätzungen, wie viele Migranten von Libyen nach Europa wollen, noch über die Transportkapazitäten der Schlepper. Maßgeblichen Einfluss dürfte auch die Lage in Libyen haben und ob Migranten dort sicher leben und arbeiten können. Vor allem die Zustände in Internierungszentren für Flüchtlinge sind oft menschenunwürdig. "Wir hoffen auf Kooperation mit Blick auf illegale Migration, sodass wir Libyens Strände wieder wie früher sehen können und nicht als Quelle von Todesbooten", sagte Premier Serraj. Die Lage in Libyen wird das Hauptthema bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU an diesem Montag sein. Frankreich will dabei laut dem Spiegel eine Ausweitung der EU-Marinemission vor Libyen erreichen. Sie soll das UN-Waffenembargo überwachen; ein weiterer Schritt, die Zentralmacht zu stärken. Dieser fehlt weiter die Anerkennung durch das Repräsentantenhaus, das international anerkannte Parlament in Tobruk, und den mächtigen Militärchef im Osten, General Khalifa Haftar. In Bengasi kämpfen dessen Truppen weiter gegen den IS und andere Gruppen. Auch in Tripolis lieferten sich rivalisierende Milizen am Abend nach Steinmeiers Abreise Gefechte, nachdem eine Gruppe ein Haus von Serrajs Stellvertreter attackiert hatte.

© SZ vom 18.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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