Corona-Politik:"Ich will erreichen, dass Corona nicht das dominierende Thema in den nächsten Monaten wird"

Coronavirus - Schutzmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, äußert sich bei einer Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium zu Corona-Schutzmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen. Das Ministerium hat sich mit den Pflegeverbänden, den Pflegekassen sowie den kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt, wie Pflegeeinrichtungen auf die erwartete Corona-Welle im Herbst reagieren sollen.

(Foto: dpa)

Der Herbst ist da und die Zahl der Infizierten steigt. Um alte und vorerkrankte Menschen zu schützen, hat Gesundheitsminister Lauterbach sich mit Pflegeexperten beraten.

Die Omikron-Herbstwelle rollt gerade an, bestätigt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der Pressekonferenz am Donnerstag. Fast überall geht die Zahl der Neuinfektionen nach oben, besonders extrem in und rund um München, wo am Montag das Oktoberfest zu Ende gegangen ist. Obwohl die meisten Infektionen glimpflich verlaufen, erreicht die Welle inzwischen auch die Krankenhäuser. Die Belegung der Stationen nimmt allmählich zu.

Wie können die besonders vulnerablen Gruppen der Gesellschaft geschützt werden, nämlich jene, die in Alten- und Pflegeheimen leben und für die das Virus nach wie vor eine Gefahr darstellt?

Darüber hat sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit Expertinnen und Experten beraten. Bei einem Treffen mit Pflegeverbänden, den Pflegekassen sowie den kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe haben sich alle Beteiligten auf eine Erklärung geeinigt, wie die Pflegeeinrichtungen auf die Corona-Welle im Herbst eingestellt werden sollen.

Auch wenn der Minister zur Vorsicht aufruft, sei Deutschland auf die Winterwelle "viel besser vorbereitet" als die vergangenen beiden Jahre. Das liege unter anderem an besseren Hygienebedingungen, dass es wie zum Beispiel bessere Masken gibt, meint Minister Lauterbach. Der SPD-Politiker verweist auch auf die vierte Impfung, welche laut einer Studie der US-Gesundheitsbehörde CDC die Sterblichkeit um 90 Prozent senken könne. Die Empfehlung einer vierten Impfung soll über eine "breite Kommunikationskampagne" vermittelt werden.

Karl Lauterbach will die aktuellen Impflücken bei den über 60-Jährigen und in den Pflegeeinrichtungen schnellstmöglich schließen: "Ich will erreichen, dass Corona nicht das dominierende Thema in den nächsten Monaten wird." Es seien "unsichere Zeiten", in denen zum Beispiel über die "Sicherheit vor einem Atomkrieg debattiert" werde, da solle ein einfach zu bezwingendes Problem wie Corona kein großes Thema werden. "Die Corona-Pandemie soll aber nicht künstlich flach gehalten werden, ohne dass wir unsere Arbeit machen", fügt der Minister hinzu.

Lauterbach sieht sich derzeit auch unabhängig von der Corona-Krise harscher Kritik aus der Pflegebranche ausgesetzt. Der Deutsche Pflegerat warnt davor, die Personalausstattung auf Krankenhausstationen und in Pflegeheimen von Haushaltserwägungen des Bundesfinanzministers abhängig zu machen. "Wir sind teilweise fassungslos", sagt die Präsidentin des Pflegerats, Christine Vogler, dem Spiegel. Anlass sei ein Entwurf für das Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz aus Lauterbachs Haus.

Demnach behält sich das Ministerium Vorgaben zu der Anzahl einzusetzender Pflegekräfte vor, die "im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen" getroffen würden. Dieser Zusatz lässt in der Branche Empörung aus. "Der Koalitionsvertrag war für uns das Signal: Die Regierungskoalition macht ein paar Dinge konsequent und mutig anders", sagt Vogler. Diese Hoffnung aber habe sie vorerst aufgegeben. Mit ihrer Expertise dringe sie bei Lauterbach nicht durch. Auch die vom Minister eingesetzte Kommission, die eine große Reform der Krankenhausversorgung auf den Weg bringen solle, interessiere sich kaum für die Pflege. Sie habe den Eindruck, es werde nicht verstanden, was der Pflegeberuf bedeute. Es gebe keine Wertschätzung für ihre Profession. "Pflege ist mehr als ein bisschen Patienten waschen."

Minister Lauterbach sagt in der Konferenz, dass die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte "auf dem Weg der Besserung" seien.

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