Krise in Griechenland:Linke lehnt breite Koalition in Athen ab

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Die erste Gesprächsrunde zur Bildung einer Regierung in Griechenland ist gescheitert - wieder haben die Linksradikalen die Gespräche platzen lassen. Staatspräsident Papoulias will nun mit kleineren Parteien verhandeln. In Deutschland sehen Experten andere Schreckensszenarien: Selbst wenn sich Athen aus der Euro-Zone verabschiede, werde dies Deutschland Milliarden kosten.

Das Drama um die Regierungsbildung in Griechenland geht weiter. Der Chef der Linksradikalen, Alexis Tsipras, hat die Bildung einer breiten Koalition in Griechenland abgelehnt. Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke hätten zusammen 168 Abgeordnete im 300 Sitze umfassenden Parlament und könnten auch ohne seine Partei problemlos regieren, sagte Tsipras in Athen. Ihre Forderung an das Bündnis der Radikalen Linken, unbedingt an dieser Regierung teilzunehmen, sei absurd und "unlogisch".

Zuvor war ein erstes Krisentreffen der großen Parteien unter Leitung von Staatspräsident Karolos Papoulias nach nur eineinhalb Stunden ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen. Ziel der noch andauernden Verhandlungen ist es, doch noch eine Regierung zu bilden. Konservative, Sozialisten und die Demokratische Linke machen eine Koalition von der Beteiligung des Bündnisses der Radikalen Linken (Syriza) abhängig.

Die euroskeptische Partei war aus der Parlamentswahl als zweitstärkste Kraft hinter den Konservativen und vor den Sozialisten hervorgegangen. Tsipras betonte im Fernsehen am Sonntag nochmals, das "barbarische Sparprogramm", zu dem EU und andere internationale Geldgeber Griechenland gezwungen haben, müsse beendet werden.

Die traditionellen Volksparteien Nea Dimokratia und die sozialistische Pasok mussten wegen ihrer Sparpolitik erhebliche Stimmeneinbußen hinnehmen und haben auch zusammen keine Mehrheit. Alle bisherigen Sondierungsgespräche waren auch am Widerstand von Tsipras gescheitert. Falls in den kommenden Tagen keine Lösung gefunden wird, muss im Juni erneut gewählt werden.

Unterdessen hat die Demokratische Linke Berichte dementiert, wonach sie mit den Konservativen und Sozialisten eine Regierungsbildung vereinbart habe. "Das sind unmoralische Gerüchte", sagte eine Mitarbeiterin des Präsidenten der Partei, Fotis Kouvelis, der Nachrichtenagentur dpa.

Nach der Wahl am 6. Mai hatte diese Partei die Bildung einer Regierung der Konservativen, der Sozialisten und des Bündnisses der Radikalen Linken gefordert, die breite Mehrheit im Parlament und auch in der Bevölkerung haben würde. "Wir (die Demokratische Linke) werden nicht an einer Regierung allein mit den Konservativen und den Sozialisten teilnehmen", bekräftigte Kouvelis am Sonntag.

Angst vorm teuren Ausstieg

In Deutschland gehen angesichts der chaotischen Zustände die Spekulationen für den Fall eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone weiter. Dies würde den deutschen Steuerzahler nach verschiedenen Berechnungen mehr als 65 Milliarden Euro kosten. Allerdings gelten diese Zahlen als reine Schätzungen. Die Annahme ist, dass Griechenland mit einer Rückkehr zur Drachme zahlungsunfähig würde und seine Schulden gar nicht mehr bedient.

Ökonomen von ifo-Institut und Deutscher Bank kommen laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) auf bis zu 80 Milliarden Euro, der Spiegel auf 66 Milliarden Euro und die WirtschaftsWoche auf 77 Milliarden Euro.

Die jeweilige Summe ergibt sich vor allem aus bilateralen Hilfskrediten für Athen und dem Anteil Deutschlands an Krediten des Euro-Rettungsfonds EFSF und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie an Verlusten der Europäischen Zentralbank (EZB), die größter Gläubiger Griechenlands ist. Außerdem eingerechnet ist das sogenannte Target-System, mit dem der Zahlungsverkehr in der Eurozone bilanziert wird. Welche von Athen verursachten Verluste darin versteckt sind und wann sie "fällig" würden, ist allerdings bei Experten umstritten.

Ifo-Chef Hans-Werner Sinn sagte der FAS, Deutschland müsse allein durch das Target-System mit einem Verlust von 30 Milliarden Euro rechnen, und zwar "egal, ob Griechenland austritt oder drinbleibt".

Ökonomen gehen mehrheitlich davon aus, dass ein Austritt Athens aus dem gemeinsamen Währungsraum auch eine Staatspleite zur Folge hätte. Allerdings müssten dann nicht alle Kredite verloren sein; es könnte auch ein neuer Schuldenschnitt ausgehandelt werden.

Der Spiegel berichtet unter Berufung auf das Bundesfinanzministerium, dass Griechenland selbst im Falle eines Ausscheidens noch weiter Hilfen vom Euro-Rettungsschirm bekommen könnte. Mit ihnen würden dann die Zinsen für Staatsanleihen im Besitz der EZB bedient, um Verluste bei der Zentralbank zu verhindern. Nicht berücksichtigt sind in den Berechnungen Auswirkungen im Privatsektor, also auf griechische Unternehmen und Banken sowie ihre Kunden, Handelspartner und Kreditgeber im In- und Ausland. Hinzu kommt die Gefahr von Ansteckungseffekten in anderen Krisenländern.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/infu/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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